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Agile Produktion von Kleinserien: 1:160-Miniaturen für den Modellbau

Daniel Mrugalskis Leidenschaft für Modellbau begann mit der Eisenbahnsammlung seines Großvaters. Heute ist seine Modellbaufirma DM-Toys europäischer Marktführer für Spur N, Eisenbahnmodelle und spezialisiertes Zubehör im Maßstab 1:160. Seit der Gründung 2004 ist DM-Toys exponentiell gewachsen: mit mehreren 10.000 Kunden weltweit, mehreren Millionen Euro Umsatz pro Jahr und 40 Mitarbeitern an fünf Standorten.

Mrugalskis Erfolgsgeschichte vom Hobby-Modellbauer zum Unternehmer zeigt, wie sich das Geschäft in einem traditionsreichen Nischenmarkt skalieren lässt. Zentral ist dabei neben globalem Handel die Eigenproduktion in der digitalen Fabrik. CAD-Design, Lasercutting und 3D-Druck beschleunigen nicht nur Prototypen- sondern auch Produktionszyklen.

Daniel Mrugalski ist leidenschaftliche Eisenbahner und Geschäftsführer von DM-Toys, dem europäischen Marktführer für N-Spur (1:160). Foto: Ken Giang
Daniel Mrugalski ist leidenschaftliche Eisenbahner und Geschäftsführer von DM-Toys, dem europäischen Marktführer für N-Spur (1:160). Foto: Ken Giang

Moderne Fertigungsmethoden im eigenen Betrieb ermöglichen Mrugalski, Kleinserien ökonomisch und agil zu produzieren. “Mit 3D-Druck kann man die Wünsche des Marktes in einer Geschwindigkeit umsetzen, die vorher undenkbar war”, so der Jungunternehmer. Innerhalb eines Jahres steigerte DM-Toys die Eigenproduktion von null auf fünf Prozent und erzielt mit additiv gefertigten Endteilen heute doppelte Margen im Vergleich zu ausgelagerter Produktion und Handel.

Einen traditionsreichen Nischenmarkt durch Eigenproduktion skalieren

DM-Toys beginnt klassisch in der Studentenwohnung seines Gründers, wo die Eisenbahnsammlung des Großvaters im klassischen H0-Maßstab von 1:87 keinen Platz findet. Mrugalski entdeckt die Spur N, im weitaus kleineren Maßstab 1:160. “Spur N ist nicht nur platzsparender, sondern eignet sich auch perfekt für kreative, detailverliebte Modellbauer, die ihre Dioramen kontinuierlich ausbauen”, so Mrugalski. “Im Vergleich dazu sind die Vitrinen von Sammlern voll mit Eisenbahnen und Zubehör, von denen der Markt übersättigt ist.” Mit Blick auf dieses Potential entschied sich der BWL-Student 2004 von der Universität abzugehen, um den privaten Tauschhandel mit Modelleisenbahnen zu einem professionellen Unternehmen zu machen.

Eisenbahnmodellbau hat eine lange Tradition in Europa, vor allem in Spanien, Großbritannien, den Niederlanden, Frankreich und Deutschland. Während das Wachstum von traditionsreichen Herstellern wie Märklin und dem bis heute populären 1:87 Maßstab H0 stagniert, machen Mrugalski und sein Team, den Modelleisenbahnmarkt für eine neue Generation attraktiv. Einerseits durch den kompakten Maßstab, der knapp werdenden Wohnraum berücksichtigt. Andererseits mit Hinblick auf den Amazonification-Effekt: die Erwartung heutiger Kunden, Produkte günstiger und schneller zu erhalten als im klassischen Handel.

DM-Toys verkauft im eigenen Webshop und über Modelleisenbahn-Union mehr als 25.000 verschiedene Produkte an Kunden weltweit. Den Online-Handel ergänzt Mrugalski seit 2016 mit der Eigenproduktion neuer Artikel, die sich in Eisenbahn- und industriellen Dioramen einbetten lassen. “Als Händler ist es ein Alleinstellungsmerkmal, auch selbst zu produzieren”, so Mrugalski. “Die Kunden nehmen uns anders wahr: Wir entwickeln den Markt mit.”

Ein industrielles Diorama von DM-Toys mit zum Großteil 3D-gedruckten Teilen, ergänzt um Modelle, die mit Lasercutting und Spritzguss angefertigt wurden. Foto: Ken Giang
Ein industrielles Diorama von DM-Toys mit zum Großteil 3D-gedruckten Teilen, ergänzt um Modelle, die mit Lasercutting und Spritzguss angefertigt wurden. Foto: Ken Giang

Dabei setzt Mrugalski auf eine Kombination von ausgelagerten Kunststoffspritzguss sowie betriebsinternem Lasercutting und 3D-Druck. Die Entscheidung für ein neues Produkt steht und fällt mit der Fertigungsmethode. “Kürzere Produktionszyklen bedeuten einen kompetitiven Vorteil und ermöglichen uns Wachstum in Bereichen, die mit traditionellen Fertigungsmethoden nicht realisierbar sind. Über unterschiedliche Absatzmengen– je nach Produkt- und Zielgruppe – erwirtschaften wir unseren Gewinn”, so Mrugalski. Dass dabei auch der hochauflösende Form 2 3D-Drucker eine wichtige Rolle einnimmt, ist kein Zufall.

Mit 3D-Druck realitätsnahe Miniaturen auf Nachfrage produzieren

Das erste 3D-gedruckte Modell ließ sich Mrugalski bereits 2007 extern anfertigen: Ein Modellkran, der 300 Euro kostete und mit der damaligen Druckqualität nicht überzeugen konnte. Ein Jahrzehnt später ist DM-Toys stolzer Besitzer von acht Form 2 SLA (Stereolithografie) 3D-Druckern, die rund um die Uhr die betriebsinterne Produktion ankurbeln.

Insgesamt acht Drucker ermöglichen DM toys die Entwicklung und Produktion von Kleinserien rund um die Uhr. Erfahren Sie mehr über den Einsatz mehrerer Drucker in einer Printfarm.

Bedient werden diese durch das Team um Produktionsleiter Joep Stienen. “Ich habe mir 2016 einen 3D-Drucker gewünscht, der vorerst nur als Ergänzung unserer Lasercutter gedacht war”, so Stienen. Auf der Maker Fair Eindhoven entstand der Kontakt zu Lay3rs3D, einem Formlabs-Partner in den Niederlanden. “Wir wollten 3D-Drucktechnologien vergleichen und für unsere Anwendungen testen.” Der Form 2 überzeugte gegenüber dem Ultimaker 2 mit Oberflächengüte, und feinen Details. „Bei der FDM-Technologie war mir ab dem 2. Druck klar, dass es keine Lösung für Modelle in unserem Maßstab ist.”

Stereolithographie ist eine 3D-Drucktechnologie, die mithilfe eines Lasers flüssiges Kunstharz zum fertigen Druckteil aushärtet. Erfahren Sie mehr über SLA 3D-Druck und seine Anwendungen.

Joep Stienen ist Produktionsleiter bei DM-Toys und nutzt CAD/CAM mit 3D-Druck für die Entwicklung und Produktion von Modellen wie diesem Kompressor, auf dem Bildschirm in der Software PreForm. Foto: Ken Giang
Joep Stienen ist Produktionsleiter bei DM-Toys und nutzt CAD/CAM mit 3D-Druck für die Entwicklung und Produktion von Modellen wie diesem Kompressor, auf dem Bildschirm in der Software PreForm. Foto: Ken Giang

Inzwischen setzt DM-Toys sechs Formlabs 3D-Drucker für die Fertigung ein sowie zwei Maschinen in der Produktentwicklung. Bereits 200 verschiedene Artikel sind durch den Form 2 innerhalb von neun Monaten auf den Markt gekommen. Diese Zahl möchte DM-Toys 2018 verdoppeln, um insgesamt noch rascher auf Kundenwünsche und die Marktentwicklung eingehen zu können.

Flexible Produktion, Lagerung und Verkaufsstrategie

Während DM-Toys mehrere 10.000 Kunden weltweit hat, erzielt kein Kunde mehr als 1% des Umsatzvolumens. Die Endkunden sind divers – genau wie die Produktpalette von DM-Toys. “Aus einem Produkt ergibt sich ein anderes. Innerhalb weniger Wochen, können wir unsere Strategie anpassen, z.B. produzieren wir inzwischen mehr Loren weil die Erstauflage von 100 Stück innerhalb von zwei Wochen ausverkauft war und das Produkt sonst am Markt nicht angeboten wird.”

Komplexes Modell mit vielen Hinterschneidungen (links) und Kleinsteile (rechts), mit Formlabs’ präzisestem Material Modell Kunstharz und einer Auflösung von 50 und 25 Mikron. Foto: Ken Giang
Komplexes Modell mit vielen Hinterschneidungen (links) und Kleinsteile (rechts), mit Formlabs’ präzisestem Material Modell Kunstharz und einer Auflösung von 50 und 25 Mikron. Foto: Ken Giang

Von Kleinstteilen wie Straßenlatern mit integrierten LED-Lampen über komplexere Artikel wie einem Kompressormodell oder einem Industriegebäude: DM-Toys kann eine große Bandbreite von Produktgruppen betriebsintern und flexibel 3D-drucken. Pro Druckauftrag werden durchschnittlich 10-20 und bis zu 80 Teile innerhalb weniger Stunden produziert. “Wenn das 3D-gedruckte Teil auf Lager ist, ist es binnen eines Tages beim Kunden. Wenn es nicht auf Lager ist und gedruckt wird, ist es am darauffolgenden Tag versandbereit”, so Stienen. Die gedruckten Teile werden unbemalt direkt an Endkunden verschickt, die diese im Anschluss bemalen und in ihr Diorama integrieren.

Weiter zu unseren Leitfäden für das Grundieren und Lackieren von 3D-gedruckten Teilen.

Die Bedienung von acht Druckern erfordert ein gutes Set-Up und Teamkoordination. DM-Toys arbeitet mit dem Formlabs Dashboard, um sämtliche Druckaufträge und den Kunstharzverbrauch im Blick zu behalten . “Das Kunstharz stellt nur einen kleinen Teil unserer variablen Kosten dar. Wir konzentrieren uns vor allem bei der Prozessseite auf Effizienz”, so Stienen.

Ausgelagerter Spritzguss ist erst ab 1.000-1.500 Stück eine Option – eine Zahl, die DM-Toys frühestens nach einem Jahr und nicht für jedes Produkt erreicht. Außerdem beträgt die Markteinführungszeit mit Spritzguss Fall 6-12 Monate, besonders die technische Zeichnung für die Spritzgussform und die Skalierung der Produktion sind aufwendig.

Ein Schiffsmotor auf dem Weg zur Arbeit (links) inspiriert Daniel Mrugalski zu einem 3D-gedruckten Modell (Mitte), mit denen Kunden von DM-Toys ihr Diorama aktualisieren können (rechts). Foto: Ken Giang
Ein Schiffsmotor auf dem Weg zur Arbeit (links) inspiriert Daniel Mrugalski zu einem 3D-gedruckten Modell (Mitte), mit denen Kunden von DM-Toys ihr Diorama aktualisieren können (rechts). Foto: Ken Giang

Neben geringen Produktions- und Lagerungskosten liegt die Stärke des 3D-Druck auch im Design: Modelle mit Hinterschneidungen können mit Spritzguss oft nicht realisiert werden, während sie im 3D-Druckverfahren möglich werden.

“Bei uns werden Modellbauer-Träume im wahrsten Sinne wahr”, so Mrugalski. Wenn er heute auf dem Weg zur Arbeit ein ansprechendes Objekt in Bahnhofsnähe sieht, könnte dies schon bald ein neues Produkt im Katalog von DM-Toys sein. Mithilfe hochauflösender 3D-Drucktechnologie ist das Modell innerhalb weniger Tage entwickelt, produziert und im Diorama eines begeisterten Modelleisenbahners integriert.

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