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Was ist Wachsausschmelzguss?

Wachsausschmelzguss ist ein Herstellungsverfahren für einfache oder komplexe Objekte aus Metall (üblicherweise Gold, Silber, Messing oder Bronze) mithilfe eines gegossenen Originalmodells.

Dieses Verfahren reicht bis zu 6000 Jahre zurück und ist somit eines der ältesten zur Metallverarbeitung. Doch nutzt man es auch noch heute weitverbreitet zur Produktion von Schmuck, in der Zahntechnik und in der Kunst. Industriell kommt es als Feinguss im Maschinenbau und in der Fertigung zum Einsatz bei der Herstellung metallischer Präzisionsteile.

Traditionell wird das Verfahren eher mit dem Handwerk verbunden, doch kann man den Wachsausschmelzguss heute mit digitalen Designs und 3D-Druck bereichern und so den Arbeitsprozess vereinfachen. Das spart Zeit, senkt die Kosten und holt den Prozess ins 21. Jahrhundert. 

Im Folgenden erfahren Sie, wie digitale Technologien dem Gussverfahren neues Leben einhauchen und dessen Bedeutung für Fachleute wie Schmuckhersteller, Zahnärzte und Massenproduzenten.

Das Wachsausschmelzgussverfahren variiert abhängig von der jeweiligen Branche und Anwendung, umfasst aber allgemein die folgenden Schritte. Gussteile können mit einem Wachsmodell erstellt werden – das wird als direkte Methode bezeichnet – oder mit Repliken des Originalmodells – die indirekte Methode. Die direkte Methode springt dabei von Schritt eins zu Schritt vier.

  1. Modellerstellung: Der Künstler schnitzt das Design aus Wachs. Die Größe und die Komplexität des Wachsmodells hängen direkt von den Fertigkeiten des Schnitzers und seiner Gießanlage ab. 

  2. Formenbau: Ein Gießer gießt dann das Modell und poliert den Guss, um ein Urmodell anzufertigen. Mithilfe des Urmodells wird dann eine Wachsform aus Kautschuk angefertigt, der erhitzt und um das Urmodell herum „vulkanisiert“ wird, damit eine flexible Wachsform entsteht.

  3. Wachsmodellerstellung: Geschmolzenes Wachs wird die Kautschukform eingespritzt oder manchmal auch gegossen. Dies kann beliebig oft wiederholt werden, um Kopien des ursprünglichen Designs anzufertigen.

  4. Vorbereitung des Wachsmodells: Gusskanäle werden an den Wachskopien angebracht und zu einem Baum zusammengefügt, der einen Pfad für den Ausfluss des geschmolzenen Wachses bietet sowie später für das geschmolzene Metall, um den Hohlraum zu füllen. 

  5. Einbettmasse: Der Wachsbaum wird dann in ein Gemisch aus Siliciumdioxid getaucht oder in einer Muffel positioniert und mit flüssiger Einbettmasse umgeben.

  6. Ausbrennen: Wenn die Einbettmasse trocknet, wird die Muffel kopfüber in einem Brennofen platziert. Dort schmilzt das Wachs und erzeugt dabei ein Negativ des Originalmodells.

  7. Gießen: Die Form aus Einbettmasse wird im Brennofen noch weiter erhitzt, um den Temperaturunterschied zum geschmolzenen Metall zu verringern. Metall wird geschmolzen und dann eingegossen. Dabei ziehen die Schwerkraft oder ein Vakuumdruck das Metall in den Hohlraum.

  8. Ausbetten: Sobald das geschmolzene Metall etwas abgekühlt ist, wird die Einbettmassenform mit Wasser gelöscht, um den feuerfesten Gips aufzulösen und den Rohguss freizulegen. Die Gusskanäle werden abgeschnitten und wiederverwertet. Dann werden die Gussteile gereinigt und von Gussspuren befreit.

  9. Fertigstellung: Die Gussteile werden abgefeilt, geschliffen, bearbeitet oder sandgestrahlt, um die letztendliche Geometrie und Oberflächenbeschaffenheit zu erreichen. Nach Bedarf werden die Gussteile auch noch hitzebehandelt, um die mechanischen Eigenschaften des Materials zu verbessern. 

Eine Kurzüberblick der langen Geschichte des Wachsausschmelzgusses

Dass der Wachsausschmelzguss zu den Anfängen der Zivilisation zurückreicht, ist keine Übertreibung. Mittels Wachsausschmelzguss hergestellte Artefakte wie Zepter, Skulpturen und Möbel wurden in Israel, Vietnam, Nigeria, Nicaragua und im Industal gefunden. Das älteste bekannte wachsausschmelzgegossene Objekt ist ein Amulett von einem Volk im Industal und über 6000 Jahre alt.

Nach Jahrhunderten als Herstellungsverfahren für Skulpturornamente und Textilarbeiten musste der Wachsausschmelzguss in Europa im 18. Jahrhundert dem Guss mit Teilformen weichen. Einige Schritte des Prozesses wurden für den Feinguss übernommen, um der Nachfrage während der wachsenden Industrialisierung im 19. Jahrhundert zu entsprechen.

In der Zahntechnik kommen Wachsausschmelzverfahren häufig bei goldenen Kronen, Inlays und Onlays zum Einsatz. Das Vermächtnis des Wachsausschmelzgusses ist heute im Allgemeinen noch oft zu beobachten.

Die Überführung des Wachsausschmelzgusses in das 21. Jahrhundert dank digitaler Designs und 3D-Druck

Heute ergänzen Computersoftware und 3D-Druck den Wachsausschmelzguss mit den Vorteilen digitaler Designs und Fertigungsprozesse.

Der digitale Arbeitsablauf in der Schmuckherstellung. Digitales Design und 3D-Druck ersetzen traditionelle Handarbeiten.

Der digitale Arbeitsablauf in der Schmuckherstellung. Digitales Design und 3D-Druck ersetzen traditionelle Handarbeiten.

Im digitalen Arbeitsablauf nutzen Designer CAD-Software zur Erstellung von Designs im Computer und einen hochauflösenden 3D-Drucker zur Anfertigung 3D-gedruckter Modelle, die dann zum Formenguss dienen. Nach dem Ausbrennen des Positivmodells kommt dasselbe Verfahren zum Einsatz wie beim konventionellen Feinguss. 

Dank der digitalen Techniken ist viel weniger zeitaufwendige Handarbeit nötig und das Design kann leicht aufbewahrt und im Bedarfsfall bearbeitet bzw. nachgefertigt werden. 

Anwendungsbereiche des Wachsausschmelzgusses mit digitalen Technologien

Vom Ingenieur bis zum Juwelier nutzen verschiedene Berufsgruppen die Vorteile der neuen Möglichkeiten, die das Zusammenspiel aus digitaler Technik und Wachsausschmelzguss bietet.

Schmuckherstellung

Einer der ersten Anwendungsfälle des Wachsausschmelzgusses war die Herstellung von Schmuck und filigranen Ornamenten. Wachsmodelle für detailreiche Schmuckstücke lassen sich in Handarbeit leider nur mühevoll herstellen. Und in unserer Welt, in der die Nachfrage hoch ist und Trends kurzlebig sind, können handgefertigte Produkte oftmals nur schwer Schritt halten. 

Heute können Schmuckdesigner ihre Schmuckstücke in spezifischer CAD-Software entwerfen, was die Produktion und die Einarbeitung komplizierter Geometrien erleichtert, welche einst stundenlange Feinarbeit beim Wachsschnitzen benötigten.

Heute können Schmuckdesigner ihre Schmuckstücke in spezifischer CAD-Software entwerfen, was die Produktion und die Einarbeitung komplizierter Geometrien erleichtert, welche einst stundenlange Feinarbeit beim Wachsschnitzen benötigten.

Digitales Design, fortgeschrittene Materialien und erschwingliche 3D-Drucker verändern heute die Arbeit der Schmuckhersteller und -designer bezüglich Konzept, Prototypen und Produktion.

Stereolithografie-3D-Druck kann zuverlässig komplexe Elemente reproduzieren, die von Hand nur schwer zu erzielen sind.

Stereolithografie-3D-Druck kann zuverlässig komplexe Elemente reproduzieren, die von Hand nur schwer zu erzielen sind.

Heute können Schmuckdesigner ihre Schmuckstücke in spezifischer CAD-Software entwerfen, was die Produktion und die Einarbeitung komplizierter Geometrien erleichtert, welche einst stundenlange Feinarbeit beim Wachsschnitzen benötigten.

Erschwingliche Desktop-3D-Drucker erstellen schnell Modelle, mit denen man wie bei herkömmlichem Wachs Gussverfahren einsetzen kann. 3D-Druck eröffnet eine fast grenzenlose Fülle an geometrisch kreativen Designs. Dank eines mit höchster Präzision gesteuerten Lasers lassen sich außergewöhnliche Designdetails – Filigranarbeiten, Texterhöhungen und detaillierte Pavé-Steineinsätze – mit erstaunlicher Schärfe abbilden.

Die größten Hürden bei der Integration des digitalen Arbeitsablaufs in der Schmuckherstellung sind oft die Designfertigkeiten am Computer und die Ausbildung. Doch erlernen die jüngeren Jahrgänge, die in die Branche vorstoßen, die Grundlagen traditionellen Designs zusammen mit schmuckspezifischer CAD-Software. Sie werden an 3D-Druckern ausgebildet und sind so für die unabwendbare Digitalisierung gewappnet.

Zahntechnik

Wachsausschmelzguss und das Pressen von Restaurationen sind in der Zahntechnik seit Jahrzehnten etablierte Praktiken bei der Herstellung von Inlays, Onlays, Kronen, Metallkeramik-Kronen, Vollkeramik-Kronen, Teilprothesenrahmen und weiterer Zahnimplantate. 

Wachsmodelle werden traditionellerweise von Hand auf einem Arbeitsstumpf eines Zahns oder einem Zahnbogenmodell gefertigt, basierend auf einem manuellen Abdruck des Patienten. Die Modelle werden dann mit Gusskanalbäumen versehen und ausgebrannt, entsprechend dem herkömmlichen Arbeitsablauf im Wachsausschmelzguss.

Mithilfe digitaler Technologien erfassen Zahnärzte die Patientenanatomie digital mit einem Intraoralscanner oder scannen ein physisches Modell oder einen Abdruck mit einem Desktop-Scanner. Die Scan-Datei wird in die CAD-Software importiert, wo der Zahntechniker den gewünschten Zahnersatz entwirft. Anschließend kann das Modell mit einem wachsähnlichen Material 3D-gedruckt und mit dem traditionellen Arbeitsprozess gegossen oder gepresst werden. 

Modelle für Zahnkronen, Inlays, Teilprothesenrahmen und darüber hinaus können mit einem wachsähnlichen Material 3D-gedruckt und mit dem traditionellen Arbeitsprozess gegossen oder gepresst werden.

Modelle für Zahnkronen, Inlays, Teilprothesenrahmen und darüber hinaus können mit einem wachsähnlichen Material 3D-gedruckt und mit dem traditionellen Arbeitsprozess gegossen oder gepresst werden. 

In der Zahntechnik kennt das digitale Design nicht viele Hindernisse, da die Patientenanatomie von einem Abdruck stammt. CAD-Dentalsoftware erleichtern den Design-Prozess und 3D-Druck automatisiert die Fertigung des Modells, wo traditionell ein erfahrener Techniker selbst Hand anlegen musste.

Digitale Technologien und Wachsausschmelzguss kombinieren das Beste der analogen und digitalen Welt und ermöglichen es Dentallaboren, mit einem präzisen und zuverlässigen digitalen Arbeitsablauf sowie benutzerfreundlichen Geräten hochgenaue Modelle herzustellen. 

Fertigung

Für Branchen, in denen die Massenproduktion von maßgenauen Metallteilen eine Rolle spielt, bleibt das Gießen ein kostengünstiges und leistungsstarkes Fertigungsverfahren. Gussproduktion liefert bedeutende Komponenten für die Luft- und Raumfahrt, die Automobilindustrie sowie für medizinische Anwendungen.

Herkömmlicherweise werden Modelle für den Direktfeinguss – die industrielle Umsetzung des Wachsausschmelzgusses – von Hand geschnitzt oder bearbeitet, falls das Teil nicht zur Massenproduktion bestimmt ist. Mithilfe des 3D-Drucks erstellen Ingenieure direkt ihre Modelle, um kürzere Durchlaufzeiten und eine Geometriefreiheit zu erreichen, die über das einschränkende DFM (Design for Manufacturing) des Formenbaus hinausgeht. 

Diese Bronzeteile wurden mithilfe 3D-gedruckter Modelle gegossen.

Diese Bronzeteile wurden mithilfe 3D-gedruckter Modelle gegossen.

Obwohl Stereolithografie-3D-Drucker (SLA) in erster Linie als Werkzeuge zur Herstellung von Kunststoffteilen gelten, eignen sie sich dank ihrer hohen Präzision und der umfassenden Materialbibliotheken für Gussverfahren, mit denen Metallteile zu geringeren Kosten, mit größerer Gestaltungsfreiheit und in kürzerer Zeit als bei den traditionellen Methoden gefertigt werden.

SLA-3D-Druck und Metallguss lassen sich auch kombinieren, um die Geschwindigkeit und die Flexibilität des 3D-Drucks zu nutzen, ohne in teure direkte 3D-Metalldrucker investieren zu müssen. 

Die Revolution der Tradition

Die Evolution des Wachsausschmelzgusses mithilfe digitaler Technik beweist einmal mehr, dass sich Technologie und Althergebrachtes nicht gegenseitig ausschließen. Unter den richtigen Voraussetzungen fertigt man mit diesen Verfahren skalierbar hochqualitative Teile – vom maßgefertigten Schmuckstück bis zur Massenproduktion von Autoteilen. Das Ergebnis ist Produktionseffizienz und Gestaltungsfreiheit auf beeindruckendem Niveau. 

Weitere Informationen zum 3D-Druck