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Digitalisierte Denkmalpflege: Freiburger Münster nutzt wie Sagrada Família 3D-Druck

Das Münster in Freiburg ist, was die Sagrada Família in Barcelona ist: Ein Kulturdenkmal und eine scheinbar ewige Baustelle. Und es gibt noch eine Gemeinsamkeit: Beide Monumentalbauten nutzen 3D-Druck, um die Denkmalpflege der Kirchen voranzutreiben.

“Als Steinmetze und Restauratoren arbeiten wir mit Raum und Volumen, deswegen möchten wir auch etwas in 3D modellieren”, so Uwe Zäh. Er ist Werkmeister der Münsterbauhütte, dem über 800 Jahre alten Steinmetzbetrieb, in dem Steinbildhauer und Steinmetze tagtäglich zum Erhalt des Freiburger Münsters beitragen. Neben staatlichen und kirchlichen Fördermitteln erhält der ausführende Münsterbauverein auch Spenden von rund 5.000 Mitgliedern. “Jede Generation muss sich um den Erhalt dieses historischen Bauwerks kümmern”, sagt Zäh, der mit seinen 3D-gedruckten Planungsmodellen in der lokalen Presse bereits für Interesse gesorgt hat.

3D-Druck für die Restaurierung komplexer Architekturbauteile

Das Freiburger Münster gehört zu einem der wenigen kirchlichen Bauten, das während seiner geplanten Bauzeit vollendet wurde: 1530, nach drei Jahrhunderten. “Die Turmspitze existiert schon seit 1330. Andere gotische Türme wurden oft erst im 19.Jahrhundert fertiggestellt”, so Zäh. “Wir stoßen ständig auf neue Formen. In der Architektur des Freiburger Münster gibt es kaum Dinge doppelt.” Genau bei dieser Vielfalt in der Architektur kommt der 3D-Druck ins Spiel.

So stellt die aktuelle Restaurierungsarbeit am Chorbereich, dem Raum rund um den Kirchenaltar, Zäh vor die Aufgabe, neue Bauteile zu erschaffen, da sich ein dutzend Chorstrebepfeiler nicht mehr durch Fotos rekonstruieren lassen. Neue Strebe- und Kapellenpfeiler müssen der bestehenden Architektur aufgesetzt werden – eine Langzeitaufgabe von etwa 25 bis 30 Jahren.

Fotografie um 1900 vom ursprünglichen Zustand der Chor-Musterachse (vgl. nächstes Foto für 3D-Rekonstruktion).
Fotografie um 1900 vom ursprünglichen Zustand der Chor-Musterachse (vgl. nächstes Foto für 3D-Rekonstruktion).

Essentiell für die Planung sei für Zäh und sein Team die Auswertung einer sogenannten “Musterachse” am Chor gewesen. Zäh konnte diesen innerhalb einer Woche vollständig ausdrucken, zusammensetzen und anpassen.

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Digitalisierte Bauzeichnungen und die Benutzung von CAD-Programmen stehen für Zäh schon länger auf der Tagesordnung. Der 3D-Druck folgt als eine logische Konsequenz in seiner Arbeitsweise: Bevor die Zeichnung vom Steinmetz ausgeführt wird, kann sie anhand der 3D-Modelle kontrolliert werden, denn Fehler sind an dieser Stelle teuer. “Mittels 3D-Drucker kann ich klar erkennen, was wir zuvor als Idee am Computer modelliert haben: Wir können erkennen, wo es Überstände gibt, wo es klemmt etc. Wir erkennen eine klare Linienführung und wir können die Architektur von allen Seiten betrachten und uns ein Gesamtbild machen.”

3D-Modell der Musterachse, der Kapellenpfeiler 15, mit angrenzenden Maßwerkfeldern im Maßstab 1:10.
3D-Modell der Musterachse, der Kapellenpfeiler 15, mit angrenzenden Maßwerkfeldern im Maßstab 1:10.

Modelle im richtigen Maßstab zur Kontrolle und Finanzierung

Zäh wählte den Stereolithografie 3D-Drucker Form 2 auf Empfehlung seines Bruders, der an der Kunstakademie und als Schmuckdesigner Erfahrung mit hochpräzisem 3D-Druck hat. Im Zusammenhang mit Restaurierungsarbeiten ist es besonders wichtig, dass sich die Druckergebnisse nicht verziehen und so die millimetergenauen Bauzeichnungen akkurat wiedergegeben werden. “Mit dem Form 2 im Desktop-Format lässt sich im Maßstab 1:10 fast alles realisieren, was für die Umsetzung in Stein relevant ist”, so Zäh.

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Die 3D-Modelle eignen sich zudem zur Absegnung von Baumaßnahmen: Einerseits geht es um die Kontrolle, Planung und Dokumentation; andererseits aber auch darum, Geldgeber zu überzeugen. “Der 3D-Druck ist so schnell und einfach, dass wir eine Miniatur auch einfach mal ausdrucken und mitgeben können”, sagt Zäh und fügt hinzu: “Da tun sich auf einmal ganz andere Möglichkeiten auf.”

Die Zukunft des 3D-Drucks in der Restaurierung

Mit Blick auf die Zukunft sieht Zäh beim Abformen ein großes Potential für den 3D-Druck: Wenn vom 3D-Scan eine 3D-gedruckte Negativform zum Abgießen von Bauteilen geschaffen werden könnte, müsste das Bauwerk gar nicht mehr berührt werden. 3D-Technologien würde dann manuelle Methoden mit Silikon und Trennmittel ablösen, die mit großen Risiken für die Bausubstanz einhergehen. Am Ende geht es bei der Denkmalpflege auch um die Sicherung von Originalen – und um ihre zeitgemäße Weiterentwicklung.

Uwe Zäh mit seinem Form 2 3D-Drucker und Teilen des Chor-Restaurationsprojekt mit Bauzeichnungen im Hintergrund.
Uwe Zäh mit seinem Form 2 3D-Drucker und Teilen des Chor-Restaurationsprojekt mit Bauzeichnungen im Hintergrund.

Das Freiburger Münster ist ebenso wie die Sagrada Família Vorreiter in der digitalen Denkmalpflege. “Wir arbeiten hier nicht in Serie, jegliche Anpassungen sind ein Unikat”, sagt Zäh und genau einzigartig ist auch seine Arbeit mit dem 3D-Drucker.

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