In einem Superman-Comic aus dem Jahr 1964 füttert Superman eine sogenannte Verarbeitungsmaschine mit Fotos von seinen Freunden, die aus diesen dreidimensionale Büsten hererstellt. Was damals noch Fiktion war, ist heute Gang und Gäbe: Algorithmen, bekannt als Photogrammetrie, machen es möglich.
Aus einem Verand sich überlappender Fotos werden Daten zu einer Punktwolke zusammengeführt, aus der ein vollständig texturiertes dreidimensionales Objekt errechnet wird – ganz ohne komplexe Abläufe oder spezielle Lernprogramme. So verspricht die Technologie quasi auf Knopfdruck fertige 3D-Druckmodelle: einige Male den Kameraauslöser betätigen, eine Handvoll Mausklicks, fertig. Was sich vordergründig so einfach anhört, ist tatsächlich eine Kunst, hinter der zudem ein ganzes Stück Wisssenschaft steht.
In diesem Leitfaden zeigen wir auf, welche grundlegenden Abläufe für die Photogrammetrie vonnöten sind, und beleuchten außerdem verschiedene Softwarelösungen für ihre Umsetzung.
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Was ist Photogrammetrie?
Im wörtlichen Sinne beschreibt die Photogrammetrie die Erfassung präziser Messdaten aus Fotos. Konkret beinhaltet sie, sich überlappende Fotos eines Objekts, eines Gebäudes, einer Person oder einer Umgebung aufzunehmen und diese mittels verschiedener Algorithmen computergestützt in ein 3D-Modell zu überführen.
Anwendungsbereiche der Photogrammetrie
Die Photogrammetrie kommt in diversen Bereichen zur Anwendung:
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Architektur: Hier wird die Photogrammetrie in Bereichen wie der Standortplanung, der Überwachung von Baufortschritten und dem Rendering von Visualisierungen eingesetzt.
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Kunst: Bestehende Kunstwerke, Skulpturen oder in der Natur vorkommende Objekte werden mit ihrer Hilfe erfasst oder in etwas Neues umgestaltet.
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Archäologie: Unentdeckte Gebiete der Erde und der Ozeane lassen sich mit ihrer Hilfe virtuell kartieren und so genauer erforschen.
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Design, Konstruktion und Entwicklung: Ingenieure und andere Entwickler nutzen sie, um bestehende Objekte mittels Reverse Engineering aufzuschlüsseln oder neue Teile in Maßfertigung zu gestalten.
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Qualitätskontrolle: In Fertigungsprozessen bietet der Einsatz von Photogrammetrie erhebliche Vorteile.
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Gamedesign: Die Gestaltung von Requisiten und Umgebungen lässt sich durch Photogrammetrie mit halbautomatischen 3D-Modellierungsprozessen kombinieren.
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Paläontologie: Durch Erfassung von Fossilien und sogenannter „Bonebeds“, in denen Knochen, Zähne, Schuppen usw. in großer Menge angereichert sind, lassen sich die optimalen Verfahren für ihre Freilegung, Ummantelung und Konservierung ermitteln. Ebenfalls dient die Photogrammetrie dazu, die Artefakte zu dokumentieren und die Ergebnisse so auf einfache Weise zu veröffentlichen. Anhand detaillierter 3D-Karten eines Standorts wird es zudem leichter, potenzielle Fundorte von Fossilien auszumachen.
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Kartografie, Geologie, Vermessung, Topografie: Durch Photogrammetrie wird der Zeitaufwand für die Erstellung von Karten um ein Vielfaches reduziert.
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Forensik und Kriminaltechnik: Durch die dreidimensionale Erfassung von Tatorten wird es möglich, tiefergehende Erkenntnisse etwa über die Flugbahnen von Projektilen, den Verlauf von Autounfällen oder Sichtlinien von Zeugen zu gewinnen. Darüber hinaus lassen sich mit der Hilfe von Photogrammetrie auch virtuelle Umgebungen für Schulungen in diesem Bereich umsetzen.
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Medizin: Hier werden beispielsweise Körperteile behandelter Personen für maßgefertigte Anwendungen wie Prothesen und Orthesen oder auch Schuhe und Hörgeräte gescannt.
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Kulturerbe: Werke und Denkmäler lassen sich dauerhaft festhalten und in virtuellen Umgebungen rekonstruieren oder auch renovieren sowie restaurieren.
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Museen: Hier wird es etwa möglich, Ausstellungen durch virtuelle Rundgänge zu bewerben, um mehr Besucher anzulocken.
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Meteorologie: Photogrammetrie kommt hier zum Einsatz, um die Geschwindigkeit von Tornados zu bestimmen.
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Fotografie: Dieses Feld wird um eine zusätzliche Dimension erweitert.
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Dienstleistungen: Anbieter von Dienstleistungen rund um den 3D-Druck können ihr Portfolio um Modelle von kostbaren Besitztümern, Haustieren oder Familienmitgliedern erweitern.
Vom 3D-Scan zum 3D-Druck: Reverse Engineering im Schnellverfahren
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Prozessschritte der Photogrammetrie
Schritt 1: Aufnahme der Bilder
Zunächst gilt es, einen Bildverband mit sich überlappenden Fotos des gewünschten Objekts aufzunehmen. Smartphone-Kameras mit 8 megapixel-Auflösung liefern bereits akzeptable Ergebnisse, sofern die jeweilige Anwendung nicht allzu hohe Anforderungen an die Genauigkeit stellt. Für höherwertige Ergebnisse wird jedoch eine DSLR-Kamera mit 18 MP oder mehr empfohlen. Eine Kamera mit Weitwinkelobjektiv ist am besten geeignet, da das Objektiv die geringste Verzerrung aufweist. Ein Fischaugenobjektiv dagegen wäre ungeeignet, es sei denn, Sie arbeiten mit einer Software, die die Verzerrung kompensieren kann.
Am besten nehmen Sie die Fotos nacheinander in einem Kreis um das Objekt herum auf. Beginnen Sie mit einem Kreis in einem niedrigen Winkel und setzen Sie dann einen weiteren in einem höheren Winkel an – so erfassen Sie die obersten Flächen. Achten Sie darauf, dass sich die Bilder zu mindestens 50 % überlappen. Ideal sind 60 bis 80 %. Fotografieren Sie zusätzlich einige Bereiche, die wichtige Details enthalten.
Ganz allgemein ist zudem Folgendes zu beachten:
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Das Objekt sollte eine matte Oberfläche aufweisen. Bei transparenten Objekten werden eher unzureichende Konvertierungsresultate erzielt. Bei reflektierenden Oberflächen kann 3D-Scan- oder Trockenshampoo-Spray für die gewünschte matte Oberfläche sorgen.
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Einige Softwareanwendungen haben gewisse Schwierigkeiten mit der Verarbeitung von Oberflächen, die keinerlei Struktur aufweisen. Mithilfe von Schuhpolitur, Sprühkreide, Malerband oder Sprühfarbe mit Sandeffekt lässt sich die Erfassbarkeit von Oberflächen verbessern.
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Der Hintergrund der Fotos muss gegenüber dem Objekt ausreichend Farbkontrast aufweisen. Ideal geeignet ist ein Chroma-Keying-Hintergrund. Ebenfalls möglich ist die Verwendung einer Zeitung, sofern sie nicht die gleichen Farben wie das Objekt aufweist.
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Während der gesamten Aufnahme ist eine gleichmäßige Ausleuchtung unabdingbar. Optimal sind die Lichtverhältnisse an bedeckten Tagen.
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In der Regel sind 40 bis 50 Fotos eines Objekts ausreichend. Die Resultate sind umso besser, je mehr Fotos aufgenommen werden – solange keines der Bilder aus derselben Position aufgenommen wird wie ein anderes.
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Das Motiv muss einen möglichst großen Teil der Bildfläche einnehmen.
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Während der Aufnahme darf das Objekt nicht bewegt werden.
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Verwenden Sie eine möglichst geringe Tiefenschärfe und stellen Sie die Kamera bei jedem Bild genau auf das Objekt scharf.
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Mit einem Stativ lassen sich unscharfe Aufnahmen leichter vermeiden. Zudem hilft es in schwach beleuchteten Umgebungen, in denen lange Belichtungszeiten erforderlich sind.
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Die Algorithmen, die in Photogrammetrie-Software zum Einsatz kommen, werden zwar immer schneller. Dennoch kann es je nach Größe des Datensatzes Stunden oder auch Tage dauern, bis genaue Ergebnisse vorliegen. Der verwendete Computer sollte daher mindestens 16 GB RAM und eine Nvidia CUDA-fähige GPU mitbringen.
Schritt 2: Upload
Öffnen Sie die Photogrammetrie-Software Ihrer Wahl und importieren Sie die Fotos direkt in die Projektbibliothek. In der Regel erfolgt dies einfach via Drag-and-Drop. Bei einigen Softwareprogrammen ist es wichtig, die Kamera auf ihre Kompatibilität zu prüfen. Das Programm gleicht sie dabei mit einer internen Datenbank ab, damit es seine Ergebnisse im Hinblick auf Aspekte wie Brennweite, Hauptpunkt und Format des Bildsensors optimieren kann. Dabei wird eine Reihe von Verzerrungsparametern generiert, die als Bündelausgleichung bezeichnet werden.
Im ersten Schritt der Software-Pipeline wird dann geprüft, ob die Fotos für den Photogrammetrie-Prozess geeignet sind. Ist das der Fall, wird dies etwa in Form eines grünen Symbols neben oder über dem jeweiligen Foto in der Bibliothek angezeigt. Bei ungeeigneten Fotos wird das Symbol in roter Farbe angezeigt. Sofern sich ein großer Teil der Fotos aus dem Satz als ungeeignet erweisen und die Aufnahme einer weiteren Fotoserie nicht unbedingt eine Option sollte, kann eine Bearbeitung etwa in Photoshop für Abhilfe sorgen. Ein häufiger Fall, in dem dies vonnöten sein kann, ist bei Fotos, die vor weißem Hintergrund aufgenommen wurden. Mit einer sogenannten Garbage-Matte als Maske für die Bilder hebt sich der Vordergrund stärker vom Hintergrund ab. Ebenfalls zur Verbesserung der Ergebnisse beitragen kann das Schärfen der Fotos, da die Software übereinstimmende Merkmale leichter erkennen kann, wenn die Fotos eine gleichmäßige Schärfe aufweisen.
Schritt 3: Verwendung der Photrogrammetrie-Software zur Erstellung des 3D-Modells aus den Fotos
Die meisten Berechnungen erledigt die Photogrammetrie-Software automatisch im Hintergrund. Anhand einiger erweiterter Funktionen lassen sich die Ergebnisse jedoch weiter verbessern.
Bildabgleich
Bei den meisten Photogrammetrie-Softwareprogrammen wird aus dem Fotosatz automatisch ein 3D-Gittermodell erstellt. Einige implementieren jedoch einen Bildabgleich, Korrespondenzsuche genannt, als separaten Schritt, der benutzerseitig bestätigt werden muss. Dies ermöglicht Anpassungen am Fotosatz, bevor die rechenintensiveren Prozesse beginnen. Bei diesem Schritt wird vom Computer festgestellt, welche Fotos für die weitere Bearbeitung geeignet sind. Außerdem werden überlappende Bereiche über die verschiedenen Bilder hinweg ermittelt. Auf dieser Basis wird dann erfasst, wie die Bilder zusammengefügt werden, vergleichbar mit einem 3D-Puzzle.
Feature Extraction (Merkmalsextraktion)
Auch dieser Prozessschritt der Photogrammetrie erfolgt bei einigen Softwareprogrammen automatisiert. Bei anderen wiederum lässt er sich für etwaige Korrekturen oder Iterationen separat bearbeiten, bevor fortgefahren wird. Technisch gesehen werden bei diesem Schritt Merkmale innerhalb der Fotos erfasst, die über mehrere Bilder hinweg eindeutig voneinander zu unterscheiden sind. Einige Lösungen für den professionellen Einsatz verwenden hierfür codierte Marker – ein besonders präzises Verfahren, das selbst bei Objekten funktioniert, die eine reflektierende oder transparente Oberfläche oder keine nennenswerten, verwertbaren Merkmale aufweisen. Der größere Teil der Lösung löst dies jedoch über das gängigere Verfahren der Structure from Motion (SfM), bei dem Objekte in erster Linie auf dichte Texturen wie etwa Text, Holzmaserungen, Gesichtszüge und andere Muster gescannt werden. Ebenfalls untersucht wird das Bildmaterial auf Kantenpunkte, Linien und Ecken. Einige Lösungen reichern die Daten zusätzlich um Informationen zum Helligkeits- und Schattenverlauf an, wofür ein komplexes Verfahren namens Shape-from-Shading zum Einsatz kommt.
Nach Erfassung der einzelnen Merkmale werden anhand eines als Geometrieverifizierung bezeichneten Verfahrens fehlerhafte Elemente herausgefiltert. Hierzu erstellt die SfM-Engine eine Transformation, die Punkte von Merkmale zwischen den Bildern zuordnet, um sicherzustellen, dass die erfassten Merkmale jeweils auf denselben Szenenpunkt fallen. Dahinter stehen hochkomplexe Rechenoperationen auf Basis von Algorithmen aus der projektiven Geometrie.
Bei einigen der verfügbaren Lösungen lässt sich direkt beobachten, wie die Software die Merkmale des Modells aufbaut. So etwa bei COLMAP. Meshroom, ebenfalls eine Software für Photogrammetrie, ermöglicht es, den Prozess benutzerseitig anzuhalten, wenn sich etwa herausstellt, dass in wichtigen Bereichen nur wenige Merkmale erfasst wurden. Um eine höhere Qualität zu erzielen, empfehlen sich Strategien wie die Erhöhung der Werte zu Keypoint-Empfindlichkeit und -Abgleichsrate in den Voreinstellungen, die Verwendung des Algorithmus A-KAZE oder in einigen Fällen auch ein sogenanntes Brute-Force-Verfahren.
Triangulation
Leonardo Da Vinci entwickelte bereits im Jahre 1480 ein Verfahren, über das der Meister aus einem Gemälde den Standort seines Malers ableiten konnte. Bei der Triangulation, einem zentralen Element der SfM-Pipeline, wird ganz ähnlich verfahren: Die Ergebnisse des in der vorangegangenen Phase erstellten Szenengraphs bilden die Grundlage zur Ermittlung der 3D-Koordinaten der Oberflächenpunkte. Die Sichtlinien von der Kamera auf das Objekt werden dabei zu einer sogenannten Ray Cloud (Strahlenwolke) rekonstruiert, aus der über die Schnittpunkte der einzelnen Strahlen die endgültigen 3D-Koordinaten des Objekts abgeleitet werden.
Das Ergebnis der auf diese Weise ermittelten Eckdaten zur Geometrie des Objekts ist eine sogenannte Sparse Point Cloud bzw. dünn besetzte Punktwolke. Im Anschluss an ihre Erstellung analysiert die Photogrammetrie-Software die Lichtverhältnisse und Textur der Szene und generiert auf dieser Basis eine Depth Map bzw. Tiefenkarte. Vergleichbar mit der Bearbeitung eines Holzteils in der Schnitzkunst arbeitet die Software die Details des 3D-Modells dabei nach und nach heraus. Funktionsstärkere Lösungen gleichen hierbei zudem Bereiche mit übermäßigen Licht- oder Schattenverhältnissen mittels sogenanntem Delighting aus, um so eine homogenere Ausleuchtung der Gesamtoberfläche des Modells zu erzielen. Hierdurch lassen sich etwa auch Effekt der Umgebungsbeleuchtung zurückberechnen und auf diese Weise ausgleichen. Für die Darstellung auf dem Bildschirm ist zwar ein realistische Beleuchtung des Modells zu bevorzugen. Für den 3D-Druck in Vollfarbe eignet sich jedoch ein mittels Delighting bearbeitetes Modell besser.
Im Anschluss daran werden die unter Verwendung der Tiefenkarte generierte dichte Rekonstruktion ebenso wie ihr Pendant, die spärliche Rekonstruktion, die alle in den früheren Phasen erkannten visuellen Merkmale abbildet, in einem Dateiformat für 3D-Gitternetze wie FBX, OBJ, PLY oder STL zusammengeführt.
Die Triangulation wird von der Photogrammetrie-Software automatisch ausgeführt. Benutzerseitig lässt sich jedoch etwa durch Einstellungen wie der Spurlänge, der Anzahl der benachbarten Kameras und der Maximalzahl der Punkte die Qualität erhöhen. Einige Lösungen bieten darüber hinaus die Möglichkeit, die Anzahl der Dreiecke im 3D-Gitternetz zu bestimmen. Dies wirkt sich auf die Dateigröße und den Aufwand für die Nachbearbeitung des jeweiligen Objekts aus. Allerdings gilt bei diesen Einstellungen zu beachten: Im Zuge der Erhöhung dieser Werte nimmt die Verarbeitungszeit schnell um ein Vielfaches zu.
Zudem wird der Prozess bei einigen für den professionellen Einsatz konzipierten Photogrammetrie-Softwarelösungen um maschinelles Lernen ergänzt. Dadurch wird es etwa möglich, erkannte Objekte zu klassifizieren (z. B. als Laub, Gebäude oder Fahrzeuge) oder im Hintergrund befindliche bewegte Objekte wie Vögel oder Fußgänger herauszufiltern. Ebenfalls kommen diese Verfahren zum Einsatz, um über zusätzliche Informationen wie im Vordergrund befindliche Silhouetten oder anhand von Reflexionsgrad und Bestrahlungsstärke weitere Daten zur Form des Objekts zu ermitteln. Objekte, die eine besonders schmale Form aufweisen (z. B. Stahlkonstruktionen oder Hochspannungsleitungen) lassen sich dabei anhand spezieller Algorithmen zur Ausgleichsrechnung von Kettenkurven automatisch in 3D-Modelle überführen.
Schritt 4: Nachbearbeitung
Die Berechnungen rund um die Photogrammetrie sind zweifelsohne höchst komplex. Für Benutzer bilden sie jedoch den einfachsten Teil im Prozess, sind dafür doch nur die Übermittlung der Fotos an die Software sowie einige wenige Bedienvorgänge vonnöten. Die eigentliche Arbeit beginnt, wenn das 3D-Modell erstellt ist. Denn die Photogrammetrie allein liefert längst noch kein Gittermodell, das bedenkenlos in den 3D-Druck gegeben werden könnte. Vielmehr weist es in aller Regel noch diverse Artefakte, Hintergrundrauschen, Lochstrukturen und Unregelmäßigkeiten auf, die es zu bereinigen gilt. Daneben sind zumeist auch Ausrichtung und Skalierung nachzujustieren, da die Software in dieser Hinsicht recht unkoordiniert arbeitet.
Je nach verwendetem Softwarepaket sind Werkzeuge zur Nachbearbeitung bereits integriert. Ist das nicht der Fall, lassen sich aber etwa mit Meshlab die nötigen Konvertierungen von Dateien vornehmen. Für die Bereinigung, Reparatur, Neuskalierung und das Remeshing der Gittermodelle wiederum bietet sich MeshMixer an. Beide Anwendungen sind auch bei kommerzieller Nutzung kostenfrei.
Sind alle Nachbearbeitungen abgeschlossen und die Datei im STL-Format gespeichert, ist das Objekt bereit für den 3D-Druck oder den Import in eine CAD-Umgebung.
Alle Einzelheiten zum Thema Reparatur von Gittermodellen finden Sie in unserem Tutorial zu MeshMixer.
Photogrammetrie-Software im Vergleich
In den vergangenen Jahren wurden Softwarelösungen für Photogrammetrie aus der Taufe gehoben, die nicht nur benutzerfreundlich und kostengünstig sind, sondern auch Modelle mit hoher Detailtreue zum Original liefern. Zudem arbeiten die Entwicklerteams hinter ihnen mit großem Engagement daran, schnell Funktionen zur Optimierung der Prozesse rund um die Erstellung der Gittermodelle zu ergänzen und Fehler zu beheben.
So sind für Photogrammetrie-Standardprojekte bereits die diversen kostenlos verfügbaren Softwarelösungen durchaus adäquat – sofern mit gutem Fotomaterial die Ausgangsbasis stimmt. Wer erweiterte Funktionen und etwas höhere Qualitätsstandards anpeilt, wird bei den Angeboten aus dem Endverbrauchersegment fündig. Mit einmaliger Bezahlung für eine unbefristete Lizenz sind diese ebenfalls relativ erschwinglich. Bei Lösungen für den professionellen Einsatz sind die Preise um ein Vielfaches höher angesetzt, was sich allerdings auch in der Ausstattung und folglich in makellosen Resultaten niederschlägt. So erfolgt die Erkennung von Merkmalen und die Rekonstruktion von Modellen hier etwa gestützt auf fortschrittliche KI, es besteht Kompatibilität mit Laserscannern oder videogestützter Photogrammtrie, die Größe der Datensätze unterliegt keinen Beschränkungen, und die Objekterfassung erfolgt mittels Markern. Ebenfalls sind in diesem Segment Lösungen zu finden, die den Einsatz von Drohnen zur photogrammetrischen Erfassung aus der Luft unterstützen.
Qualität | Geschwindigkeit | Funktionen | Benutzerfreundlichkeit | Preis | |
---|---|---|---|---|---|
3DF Zephyr | ★★★★☆ | ★★★☆☆ | ★★★★★ | ★★★★☆ | ★★★★★ |
Agisoft Metashape | ★★★★☆ | ★★☆☆☆ | ★★★★☆ | ★★★☆☆ | ★★★★☆ |
Autodesk ReCap | ★★★★★ | ★★★☆☆ | ★★★☆☆ | ★★★★★ | ★☆☆☆☆ |
COLMAP | ★★★★☆ | ★★★★☆ | ★★☆☆☆ | ★☆☆☆☆ | ★★★★★ |
iWitness | ★★★★★ | ★★☆☆☆ | ★★★☆☆ | ★★★☆☆ | ★★☆☆☆ |
Meshroom | ★★★★☆ | ★★☆☆☆ | ★★☆☆☆ | ★★☆☆☆ | ★★★★★ |
Qlone | ★★☆☆☆ | ★★★★★ | ★★☆☆☆ | ★★★★★ | ★★★☆☆ |
RealityCapture | ★★★★★ | ★★★★★ | ★★★★☆ | ★★★★★ | ★★☆☆☆ |
Regard3D | ★★★☆☆ | ★★☆☆☆ | ★★☆☆☆ | ★★★☆☆ | ★★★★★ |
VisualSFM | ★★★☆☆ | ★★★☆☆ | ★★☆☆☆ | ★★★☆☆ | ★★★★★ |
Autodesk ReCap
ReCap von Autodesk ist die wohl anspruchsvollste Softwarelösung ihrer Klasse. Hervorgegangen aus der Übernahme von RealViz ImageModeler Anfang der 2000er Jahre, war die Lösung zunächst kostenlos unter dem Namen Projekt Photofly verfügbar. Nach erneuter Namensänderung in 123D Catch und gleichzeitiger Überführung der Software in die Cloud beschloss Autodesk nach einigen Jahren schließlich, sie nur noch kostenpflichtig anzubieten. In diesem Zuge abermals umbenannt, war die Lösung zunächst unter dem Namen Autodesk Remake verfügbar. Nach dem jüngsten Rebranding, das auch von einem neuen Preismodell begleitet wurde, ist sie nun aber als ReCap bekannt.
Die Algorithmen von Autodesk gelten in puncto Photogrammetrie als die leistungsfähigsten der Branche, rangieren dabei an der Spitze, wenn es darum geht, direkt druckbare 3D-Scans zu liefern. Ebenfalls herausragend ist die Funktion zur automatischen Bereinigung, die zudem durch Werkzeuge zur Bearbeitung der Gittermodelle flankiert werden, mittels derer sich schnell Modelle für AR/VR-Plattformen umsetzen lassen. Die Möglichkeit, Bump- und Displacement-Maps direkt auszugeben, ist etwa für Gamedesigner ein besonderer Vorteil. Dabei punktet die Benutzeroberfläche durch ihre unkomplizierte Handhabung, weist allerdings auch die eine oder andere kleinere Schwäche auf. So wäre etwa eine Fortschrittsanzeige hilfreich, um Wartezeiten besser abschätzbar zu machen. Was die Ergebnisse betrifft, so ist Autodesk ReCap definitiv an den Spitzenplätzen angesiedelt. Ganz oben liegt die Lösung aber auch beim Preis, der in Verbindung mit der ausschließlich auf die Cloud beschränkten Verarbeitung eher weniger ansprechend für Einsteiger in die Welt der Photogrammetrie sein dürfte.
RealityCapture
RealityCapture ist eine hervorragende Lösung, die sich durch höchst präzise Scanergebnisse auszeichnet. Bemerkenswert ist zudem die überragende Verarbeitungsgeschwindigkeit, mit der die Konkurrenz über weite Strecken nicht mithalten kann. Wo andere Lösungen bisweilen sogar mit Abstürzen aufgeben oder Benutzer mit erheblichen Wartezeiten auf die Probe stellen, liefert RealityCapture durchweg blitzschnelle Ergebnisse, selbst bei riesigen Datensätzen. Dies zudem bei geringeren Ansprüchen an RAM-Ressourcen als bei der Konkurrenz. Preislich ist die Lösung im Hinblick auf die unbefristete Lizenz mit anderen Vertretern aus dem professionellen Segment vergleichbar. Der Preis der Version mit Laserscan-Unterstützung ist allerdings deutlich höher angesetzt. Eine interessante Alternative ist die Abrechnung nach PPI-Prinzip (Pay-per-Input): Die Nutzung der Funktionen selbst ist dabei kostenlos. Erst, wenn der Benutzer die Ergebnisse speichern möchte, fallen Kosten an.
Die Benutzeroberfläche ist professionell ausgestaltet und umfasst diverse Bearbeitungsoptionen, gruppiert nach den verschiedenen Phasen der Photogrammetrie-Pipeline. Aufgebaut ganz im Stile der weithin bekannten Registerkarten und Bedienfelder, ist alles umfassend konfigurierbar, dies in deutlicher Anlehnung an Windows- und Autodesk-Softwareplattformen. Dabei stehen einige raffinierte Funktionen und Auswahlwerkzeuge zur Verfügung, die zudem mit jedem Update erweitert werden. Für Einsteiger ist etwa die Ein-Klick-Methode praktisch, zugleich stehen aber auch für fortgeschrittenere Nutzer diverse Optionen zur Anpassung zur Verfügung. Eine nützliche Ergänzung sind zudem die Optimierung sowie der direkte Export nach Sketchfab. Nicht ganz optimal: Die Reparatur von Gittermodellen arbeitet zwar durchaus vernünftig, jedoch ausschließlich automatisch. Wie Löcher aufgefüllt werden, lässt sich also benutzerseitig nicht beeinflussen. Sofern weitergehende Steuerungen benötigt werden, sind diese nur über externe Tools wie Netfabb oder MeshMixer möglich. Bei mechanischen, ebenflächigen Objekten weisen die Ergebnisse in RealityCapture ein relativ starkes Rauschen auf. Um dies auszugleichen, bietet die Software allerdings ein Werkzeug zur Glättung. Am besten geeignet sind die Algorithmen der Software für Scans organischer Objekte, die keine ebenen Flächen aufweisen.
The user interface feels like a professional editing environment and provides many options, grouped per stage of the photogrammetry pipeline. The tab and panel-based, fully configurable user interface will feel very familiar to the mainstream customer and seems to have derived its inspiration from Windows and Autodesk software platforms. There are clever gizmos and selection tools, more being added with every update. Novice users are offered a one-click approach, while there are plenty of options for the budding specialist. The optimization and direct export to Sketchfab is a handy addition. One flaw is that while it repairs meshes quite well, the user has no control over hole patching other than that all holes are automatically patched by the program. For additional levels of control the user will have to reside to external tools such as Netfabb or MeshMixer. For mechanical objects that include flat surfaces, RealityCapture tends to produce somewhat noisy results and to compensate offers a Smoothing tool. The algorithms lend themselves best for scanning organic objects without planar features.
Agisoft Metashape
Agisoft, ein Unternehmen aus Russland, bietet mit Metashape eine Software, die in puncto Benutzeroberfläche zwar etwas altbacken im Stil früherer Windows-Versionen daherkommt. Doch auf der Ergebnisseite punktet sie mit enorm hoher Qualität, die durchaus etwa mit Autodesk ReCap mithalten kann. Bei Scans mechanischer Objekte mit ebenen Flächen sind die Resultate von Metashape etwas weniger rauschintensiv als bei RealityCapture. Andererseits fallen die Gittermodelle bei Metashape weniger detailliert aus, ihre Erstellung nimmt aber dreimal so viel Zeit in Anspruch. Zudem hat die Software im Vergleich die größten Schwierigkeiten mit Gegenlicht: Die Ergebnisse weisen dann erhebliche Löcher auf. Hier gilt die Empfehlung, Fotos besser an bedeckten Tagen aufzunehmen, also insbesondere.
Die Standardversion von Metashape ist bereits für unter 200 Dollar zu haben, unterstützt in dieser zudem Bildverbände mit bis zu 1024 Fotos. Abgesehen von Großprojekten, bei denen etwa ganze Gebäude oder geografische Landschaften erfasst werden, ist dies für die meisten Anforderungen definitiv ausreichend. Die professionelle Version, die etwa Features rund um höchst detaillierte Tiefenkarten, markerbasierte Scans, manuelle Fotoausrichtung, auf maschinelles Lernen gestützte Geometrieberechnung und Cloud-Verarbeitung bietet, rangiert preislich auf einem ähnlichen Niveau wie andere Lösungen. Allerdings ist bereits die Standardversion über die Erwartungen üppig ausgestattet, so etwa mit Funktionen rund um das Ausfüllen von Löchern in Gittermodellen, die zwar nicht die fortschrittlichsten, dafür aber reichhaltig vorhanden sind. Ferner werden der Import von Videodaten und Batch-Verarbeitung unterstützt, sowie außerdem die Erstellung von Panoramaaufnahmen und Flythrough-Videos. Auch setzt die Software nicht zwingend NVIDIA CUDA-fähige GPUs voraus, wie dies etwa bei RealityCapture der Fall ist. Ein Plus ist auch ihr äußerst logisches Arbeiten beim UV-Unwrapping von Texturen, wodurch diese mit Photoshop bearbeitet werden können – ein Vorteil, den die meisten anderen Photogrammetrie-Lösungen nicht bieten. Für im Vergleich mit klassischen Photogrammetrie-Verfahren erhebliche höhere Verarbeitungsgeschwindigkeiten sorgt die Möglichkeit, Flächentexturen auch im 2,5D-Modus zu scannen.
Und, womit Metashape zu den wenigen Ausnahmen gehört: Die Lösung lässt es zu, Gittermodelle mit externen Tools zu bearbeiten und dann wieder zurück in das Photogrammetrie-Studio zu importieren. Tools für Retopologisierung oder Sculpting, wie sie etwa ReCap umfasst, stehen dabei zwar nicht zur Verfügung. Doch für erweiterte Funktionen zur Bereinigung von Gittermodellen sowie für Reparaturen, Remeshing und Resculpting bietet etwa MeshMixer eine durchaus adäquate Lösung. Falls überdies erweiterte Sculpting-Funktionen benötigt werden sollten, kann etwa das kostenlose Tool Sculptris oder etwa auch sein professionelles Pendant Zbrush Abhilfe schaffen.
AliceVision Meshroom
Meshroom, das kostenlos als Open-Source-Lösung verfügbar ist, stützt seine 3D-Modellierungsfunktionen auf das leistungsstarke Computer-Vision-Framework AliceVision. Was die Benutzeroberfläche angeht, so ist aufgrund der etwas unübersichtlichen Verzweigungen eine gewisse Einarbeitungszeit vonnöten. Hat man sich aber erst einmal zurechtgefunden und weiß, welche Parameter in den Untermenüs anzupassen sind und wie sich die verschiedenen Punkte miteinander verbinden lassen, gelingen allmählich immer höherwertige Gittermodelle. Dabei ist es möglich, mehrere SfM-Module gleichzeitig auszuführen und in einem nachgelagerten Schritt zu einem Modell von höherer Qualität zusammenzuführen. Im Unterschied zu einer linearen Pipeline bietet dies den Vorteil einer zusätzlichen Kontrolle über die Qualität des Endergebnisses. Für professionelle Nutzer bietet die Lösung das gesamte Spektrum an Bedien- und Anzeigemöglichkeiten, Einsteiger wiederum können nach dem Hochladen der Fotos einfach auf die Start-Schaltfläche klicken und den Rest dem Computer überlassen. Langsame Verarbeitungsgeschwindigkeit sind dabei erst bei Einstellungen mit den höchsten Werten festzustellen.
Im Bereich der Open-Source-Lösungen für Photogrammetrie gehört Meshroom sicherlich zu den Top-Vertretern: Die mit ihm generierten Gittermodelle sind in aller Regel von hoher Qualität. Für ihre Bearbeitung sind jedoch keine Werkzeuge integriert. Hierfür gilt es, auf externe Angebote zurückzugreifen. Zudem kommt die Lösung mit einem vergleichsweise großen Anteil von Kamerapositionen nicht zurecht – die Empfehlungen für die Aufnahme der Fotos sind also unbedingt zu befolgen. Praktisch wiederum: Zur Optimierung der Scanergebnisse können Fotos on-the-fly aufgenommen und hinzugefügt werden. Wird das Meshing-Modul aktiviert, erstellt die Lösung automatisch ein 3D-Modell im OBJ-Format im Ausgabeordner. So werden schnelle Iterationszyklen möglich.
3DF Zephyr
Zephyr aus dem Hause 3Dflow ist eine renommierte Komplettlösung, die sich durch eine professionelle Ausstattung und Benutzeroberfläche auszeichnet. Für Einsteiger in die Welt der Photogrammetrie bietet sie einen Assistenten, der je nach Kenntnisstand und Projekttyp (Nahbereich, Stadt, menschlicher Körper oder Luftbild) die einzelnen Arbeitsschritte erläutert. Die kostenlose Version beschränkt die Maximalzahl der Fotos auf 50 pro Bilderverband – für Photogrammetrie bei einzelnen Objekten eine akzeptable Zahl. In der preisgünstigen Lite-Version sind es dann 500, bei der Vollversion bestehen hier keine Begrenzungen mehr.
Geschwindigkeit gehört eher weniger zu den Stärken von Zephyr: Bereits bei einem Standard-Scan sind zwei Stunden einzuplanen, bei hoher Qualität eine ganze Nacht. Die Einstellung für sogenannte Ultra-Qualität ist für Standardnutzer sogar ausgeblendet, da der Computer mit ihr wohl potenziell für lange Zeit nicht mehr anderweitig nutzbar wäre. Der Funktionsumfang ist robust: Zephyr ermöglicht es, Texturen zu schärfen und Löcher auszufüllen, bietet Funktionen zur Retopologisierung und Glättung sowie zum Upload in Sketchfab und zum Import von Videodaten. Mit Masquerade steht zudem ein Maskierungswerkzeug zur Verfügung, das insbesondere bei anspruchsvollen Projekten nützlich ist, um das Objekt im Vordergrund manuell vom Hintergrund zu trennen. Die Pro-Version wartet darüber hinaus mit Funktionen rund um codierte Punktmarken, Batch-Verarbeitung und Lasersan-Angleichung auf, unterstützt zudem neben den gängigen OBJ- und PLY-Dateienformaten für die Ausgabe auch die Speicherung als STL- oder Collada-Datei. Ausgeführt werden kann 3DF Zephyr auf allen Windows-PCs, auf denen DirectX installiert ist.
Colmap
Colmap, ursprünglich für den Einsatz in Wissenschaft und Forschung entwickelt, bietet eine kostenlose Lösung für Photogrammetrie, die eine grafische Benutzeroberfläche mit Kommandozeilenelementen kombiniert. Dementsprechend ist ihr Nutzerkreis tendenziell eher im professionellen Bereich verortet, da die technischen Spezifika für Einsteiger womöglich noch etwas überfordernd sein könnten. Mit ihrem Modus zur automatischen Rekonstruktion bietet sie allerdings auch gewisse Abhilfe in dieser Hinsicht. Mit Colmap sind Projekte aus der Nahbereichsphotogrammetrie ebenso umsetzbar wie groß angelegte Vorhaben. Geht es an die Reparatur der Gittermodelle, ist jedoch externe Software vonnöten, zudem beschränkt sich die Lösung auf Windows-PCs mit NVIDIA-Grafikkarte. Funktionsstark ist Colmar dennoch: Mit seinem breiten Spektrum an erweiterten Optionen ermöglicht es Gittermodelle von hoher Qualität.
Regard3D
Regard3D bietet ein Konzept, das Benutzer auf unkomplizierte Weise im Stile klassischer Windows-Bedienfelder durch die Pipeline der Photogrammetrie führt. Die kostenlos nutzbare Lösung bietet bei jedem Schritt diverse Einstellungsmöglichkeiten, die auf der Website von Regard3D näher erläutert werden. Neben Unterstützung für Verfahren wie Structure-in-Motion umfasst sie eine Multiview-Umgebung sowie Funktionen zur Rekonstruktion der Modelloberfläche. Zu optimalen Scanergebnissen führt dabei die Experimentierfreude der Nutzer. Wichtig dabei: Regard3D akzeptiert nur Kameras, die in seiner Datenbank aufgeführt sind. So fallen etwa einige Smartphones älterer Bauart aus dem Raster. Die Stabilität der Lösung ist respektabel. In seltenen Fällen, darunter etwa bei übermäßig großen Datensätzen oder zu komplexen Einstellungen, sind Abstürze aber möglich. Als Ausgabe generiert Regard3D entweder eine Punktwolke in Form einer PLY-Datei oder ein trianguliertes Gittermodell, das im OBJ-Dateiformat gespeichert wird.
VisualSFM
VisualSFM, eine Photogrammetrie-Lösung aus der Feder eines Google-Entwicklers, ist bei nicht-kommerzieller Nutzung kostenlos. Die Algorithmen, mit denen sie erkannte Merkmale in Punktwolken zusammenführt, sind vergleichbar mit denen von Regard3D. Das Bedienkonzept ist auf eine Kombination aus Kommandozeile und Schaltflächen aufgebaut. Ein gewisses Maß an Vorkenntnissen ist daher vonnöten. Nützlich ist dabei die Zoom-Funktion innerhalb der Benutzeroberfläche, mittels derer auch große Bildverbände bequem handzuhaben sind. Dank einer Live-Rekonstruktion der Punktwolke, die mit jeder Kamera einzeln auswählbar und visuell mit ihrem Originalfoto verknüpft ist, lassen sich zudem die Wartezeiten etwas überbrücken. Fortgeschrittene Nutzer haben eine Vielzahl von Einstellungsmöglichkeiten zur Verfügung, Einsteiger wiederum gelangen bereits über nicht mehr als vier Schaltflächen zum Ziel. Wichtig zu beachten dabei: VisualSFM gibt die Punktwolke im PLY-Format aus. Zur Umwandlung in ein Gittermodell sind daher Tools wie Meshlab vonnöten.
iWitness
iWitness ist im Segment der professionellen Photogrammetrie-Lösungen verortet. Entwickelt vom australischen Anbieter Photometrix ist die Software in der Lage, Passpunkte etwa aus GPS-Daten abzuleiten. In dieser Hinsicht eignet sie sich insbesondere für Anwendungen in Bereichen wie Architektur, Vermessung, Unfallrekonstruktion oder forensische Untersuchung, in denen große Maßstäbe üblich sind. Aufgrund der enormen Präzision seiner Algorithmen – sie liefern pixelgenau aus dem Fotoverband abgebildete 3D-Punktwolken – ist iWitness jedoch gleichermaßen auch für Nahbereichsphotogrammetrie und Reverse Engineering geeignet. Die richtigen Vorbereitungen vorausgesetzt, lassen sich mit der Software selbst Objekte der Größe einer Münze mit höchster Detailgenauigkeit scannen. Dabei ist die Lernkurve relativ flach: Mit nicht mehr als fünf Schaltflächen in der Symbolleiste der im Windows-Stil gehaltenen Benutzeroberfläche gelingt es auch Einsteigern problemlos, einen kompletten 3D-Scan fertigzustellen.
In der Standardversion, die bereits alle wichtigen Funktionen beinhaltet, ist iWitness für rund 1.000 US-Dollar zu haben, beschränkt dabei allerdings die Maximalzahl der Bilder auf 40. Erst in der PRO-Version besteht hier keine Beschränkung mehr. Dies allerdings auch zu einem mehr als doppelt so hohen Preis. Ferner bietet diese Version allerdings auch Unterstützung für codierte Ziele mit Retroreflexion sowie Cloud Computing. Ebenfalls verfügbar ist ein Feature, das automatisch ein Gittermodell aus 3D-Kurven und Polylinien für den direkten Export in CAD-Umgebungen im DXF-Dateiformat generiert. Möglich ist es damit auch, auf Papier angefertigte (und somit zweidimensionale) Zeichnungen einzuscannen und zur Verwendung beim CNC-Fräsen oder Laserschneiden in DXF-Dateien zu konvertieren.
Photomodeler
PhotoModeler ist ein Softwarepaket aus dem High-End-Bereich. Ausgestattet mit einem enorm umfangreichen Feature-Set eignet es sich hervorragend für die Integration mit CAD-Systemen wie etwa Rhinoceros, für das es ein Plug-in bietet. So lassen sich mit der Software etwa Muster für die CNC-gestützte Fertigung von Textilien für verschiedenste Bereiche wie der Modeindustrie, dem Bootsbau oder der Polsterung von Sitzmöbeln digitalisieren. Mit der breiten Auswahl an Werkzeugen zur manuellen Modellierung können Gitterflächen mit kegel- oder zylinderförmiger Geometrie ebenso wie etwa auch mit rechtwinkligen oder gewölbten Eigenschaften direkt umgesetzt werden. Der MVS-Algorithmus (Multi-View Stereo), der zur automatischen Generierung der Punktwolken zum Einsatz kommt, liefert hochpräzise texturierte Ergebnisse, die in diverse Dateiformate exportiert werden können.
Die Projekteinrichtung erfolgt geführt durch einen Assistenten, der bei der Wahl der für die jeweilige Projektphase passenden Optionen hilft. Für die Standardversion von PhotoModeler ruft der Hersteller einen Preis von knapp unter 1000 US-Dollar auf, für die Premium-Variante das Dreifache davon. Letztere bietet dafür intelligentere Funktionen sowie Unterstützung für unbemannte Fluggeräte bzw. Drohnen.
PhotoModeler ist jedoch keine Software für Photogrammetrie im klassischen Sinne. Denn im Unterschied zu gängigen Ansätzen werden Objekte auf Grundlage von drei oder vier Fotos rekonstruiert, die aus senkrechter Position zum jeweiligen Objekt aufgenommen werden. Die Rekonstruktion in ein 3D-Modell erfolgt dann nicht über einen automatisierten Prozess, sondern anhand von codierten Markierungen und manuellen Eingaben. Daher eignet sich die Software nur für den professionellen Einsatz in spezifischen Anwendungsbereichen, jedoch nicht für Reverse Engineering.
Qlone
Um unseren Softwarevergleich komplett zu machen, darf natürlich eine Photogrammetrie-App für Mobilgeräte nicht fehlen. Mit Qlone steht eine solche zur Verfügung. Und eine, die durchaus vernünftige Arbeit leistet – erst recht, wenn man bedenkt, wie jung das Feld der Photogrammetrie auf Mobilgeräten bislang noch ist. Die Generierung der Scan-Ergebnisse erfolgt binnen weniger Minuten, dies direkt auf dem Bildschirm verfolgbar. Anschließend lassen sie sich zur Ansicht in Sketchfab exportieren, in Augmented-Reality-Anwendungen einbetten oder in ein druckbares 3D-Modell konvertieren, das dann beispielsweise direkt an Online-Anbieter für 3D-Druckdienstleistungen übergeben werden kann. Die App ist in einer kostenlosen Version verfügbar, bei der allerdings Abstriche in puncto Auflösung gemacht werden müssen. Im Rahmen der Premium-Version sowie mit ergänzenden In-App-Käufen sind auch hochauflösende Scans, unbegrenzte Exporte in OBJ-, STL-, X3D- und PLY-Dateiformate sowie eine AR-Ansicht möglich.
Ein vollumfängliches System für Photogrammetrie macht die App allerdings nur aus solchen Smartphones, die eine Top-Kamera, einen leistungsstarken Grafikprozessor sowie ausreichend internen Speicher mitbringen. Für die Aufnahme der Fotos für die Modelle sollte idealerweise die Qlone Mat verwendet werden. Dabei handelt es sich um eine spezielle Unterlage, auf die die zu scannenden Objekte gestellt werden. Zur Optimierung der generierten Gittermodelle bietet Qlone Werkzeuge für Remeshing, Sculpting und Glättung. Ein besonderes Extra ist das Feature zur automatischen GIF-Erstellung, mit dem sich Animationen der gescannten Objekte auf Social-Media-Plattformen teilen lassen. Zu beachten ist, dass der Funktionsumfang bei der iOS-App im Vergleich mit der Android-Version größer ausfällt.
Fallstudie: Reverse Engineering mit Photogrammetrie
Im Folgenden beleuchten wir den Einsatz der Nahbereichsphotogrammetrie als Lösung für die Durchführung von Reverse Engineerings im Kontext von Produktdesign und -entwicklung.
Mittels Reverse Engineering lassen sich auf effektive Weise digitale Modelle aus physischen Objekten erstellen. Insbesondere im Verbund mit Technologien rund um 3D-Modellierung und 3D-Druck ist das Verfahren daher äußerst nützlich für die Prototypenentwicklung- So erfreut es sich zunehmender Beliebtheit bei der Fertigung von Teilen und Installationen in Bereichen wie dem Boots- und Flugzeugbau sowie der Automobilherstellung, aber etwa auch für Küchenschränke, Swimmingpools, Treppenkonstruktionen und Rohrleitungen sowie industrielle Maschinen. Der besondere Vorteil der Photogrammetrie liegt hierbei darin, dass sich Reverse Engineering mit ihr schnell und kontaktlos sowie ohne außerordentlich umfangreiche Fachkenntnisse oder übermäßig kostenintensive Ausrüstung umsetzen lässt. Da sie häufig für Scans von Objekten genutzt wird, die dann in irgendeiner Weise abgewandelt werden, zeigen wir hier auf, wie sich der Prozess für eine klassische Computermaus gestaltet. Tatsächlich erweist sich der Scan eines solchen Objekts sowie die Erstellung eines hochpräzisen Modells daraus als Herausforderung, da es eine weitestgehend organische Oberfläche ohne jedwede Merkmale aufweist.
Vorbereitung
Unser Fotoverband umfasst nach dem Aussortieren unscharfer Bilder 41 Fotos, die wir mit einem Motorola G9 Play Smartphone bei Tageslicht unter völlig bedecktem Himmel aufgenommen haben. Das Objekt haben wir mit Sprühfarbe in Marmoroptik überzogen, da seine matte Oberfläche ohne nennenswerte Merkmale andernfalls keine brauchbaren Ergebnisse liefert. Die gesprenkelte Oberfläche, die wir dadurch erhielten, erwies sich als ideal für die Photogrammetrie. Auch erhielten wir damit bessere Ergebnisse als mit anderen Maßnahmen. Als Unterlage eignete sich ein Blatt Papier mit matter Oberfläche am besten, das mit einer Illustration mit zahlreichen, kontrastreich kolorierten und klar konturierten Merkmalen bedruckt war.
Auf Softwareseite entschieden wir uns für die Lösungen, die sich aufgrund der Automatisierung von Abläufen, der Qualität der Ergebnisse, des günstigen Preispunkts und der Möglichkeit zum direkten Exports der Gittermodelle als besonders vielversprechend für den Einsatz im Reverse Engineering erweisen. Diese Kriterien erfüllten 3DF Zephyr, RealityCapture, COLMAP, Meshroom und Regard3D am besten. Damit unser Test auch eine Lösung für Mobilgeräte umfasst, nahmen wir außerdem die Qlone-App mit in die Studie auf.
Ergebnisse
Bei jedem der Softwareprogramme haben wir die Standardeinstellungen verwendet, von denen allgemein gilt, dass sie Ergebnisse von hoher Qualität liefern. Zudem haben wir einige der Ultra-Einstellungen getestet, die etwa Meshroom und Colmap bieten. Eine Verbesserung war dadurch jedoch nur geringfügig festzustellen, dafür aber eine Erhöhung der Verarbeitungszeit um bis zu 400 %.
Meshroom erkannte in unserem Softwarevergleich die mit Abstand meisten übereinstimmenden Merkmale und lieferte dabei äußerst präzise Ergebnisse. Ist man einmal mit den Einstellungen und zugehörigen Parametern vertraut, lässt sich die Qualität mühelos an die jeweiligen Anforderungen anpassen. Bei der Voreinstellung für hohe Qualität lieferte die Software allerdings erst nach 76 Minuten ein Ergebnis. Dies ist im Vergleich eher langsam, aber noch vertretbar. Mit der Voreinstellung „Ultra“, die noch einmal bessere Ergebnisse liefert, ist dagegen eher zur Verarbeitung über Nacht zu raten. Mitunter enthalten die Ergebnisse relativ viele Fehler, daher gilt es, mit den Einstellungen und Algorithmen zu experimentieren. Mit der Voreinstellung für hohe Qualität wird die Form in Bezug auf die Abmessungen insgesamt vollständig und präzise rekonstruiert. Auch bei Bereichen mit schwacher Belichtung waren die Ergebnisse in diesem Zusammenhang angemessen. Das daraus resultierende Gittermodell ist im Hinblick auf die Detailgenauigkeit etwas grob, zudem fällt die Oberflächentextur recht körnig aus. Das Kabel fehlte gänzlich, und das Mausrad kam ein wenig unsauber heraus. Dennoch lieferte die Software das von allen von uns getesteten Lösungen zweitbeste Ergebnis bei der Gesamtausgabe der Form, die gerade für das Reverse Engineering von Teilen mit komplexen oder organischen Oberflächen besonders wichtig ist.
Geht es darum, schnell brauchbare Ergebnissen zu erhalten, rangiert Colmap an der Spitze: In gerade einmal 14 Minuten lieferte die Lösung ein Gittermodell von hoher Qualität. Details und Kanten waren darin klar erkennbar, allerdings fiel das Ergebnis bei schlechter belichteten Bereichen etwas problematisch aus. So wies das Gittermodell an manchen Stellen einige fehlerhafte Ausformungen auf. Unter dem Strich waren dies jedoch keine Fehler, die sich nicht beheben ließen.
Mit Regard3D erhielten wir bei Einstellungen mit geringerer Detailgenauigkeit nach 23 Minuten ein Gittermodell unserer Computermaus. Das Modell wies diverse Vertiefungen auf, zudem schwebte eine Vielzahl undefinierbarer Objekte um es herum. Durch Anpassung der Einstellungen auf eine höhere Qualität ließ sich dieser Effekt reduzieren, das Modell der Computermaus selbst veränderte sich dadurch allerdings kaum merkbar. Neben der Maus wurde auch das Kabel nahezu vollständig erfasst. Mit der Erhöhung der Qualitätseinstellung einher ging eine Verdreifachung der Verarbeitungsdauer einher, wobei mit ihr auch die Qualität der Umgebungsbereiche erheblich zunahm. Insgesamt sehen wir die Stärken von Regard3D daher eher bei Scans von Räumen als von einzelnen Objekten.
3DF Zephyr lieferte in allen Kategorien respektable Ergebnisse. Nach gerade einmal 20 Minuten lieferte die Software eine vollständig erkennbare Form; es waren lediglich einige leichte Vertiefungen auf der Oberfläche festzustellen. Die Details kamen zwar etwas grob heraus, waren aber größtenteils vorhanden, und die Grundebene sowie das Kabel wurden sehr gut wiedergegeben. Die etwas versteckte Einstellung für Ultra-Qualität testeten wir ebenfalls – mit dem Ergebnis, dass sich die Verarbeitungszeit um das Vierfache erhöhte, gegenüber dem Modus für hohe Qualität jedoch keine sichtbaren Verbesserungen am Gittermodell festzustellen waren. Zudem beanspruchte es mit 500 MB mehr als fünfmal so viel Speicherplatz wie die Modelle der anderen Softwarelösungen aus dem Test. Da das Modell eine relativ glatte Oberflächen aufwies, ließ es sich jedoch relativ relativ leicht auf eine geringere Dateigröße reduzieren. Die Wiedergabe von schwach belichteten Bereichen fiel ausgesprochen scharf aus, was auf eine besondere Eignung der Software für das Scannen von Objekten mit tiefen Einbuchtungen und Fugen schließen lässt.
Dass Qlone als App für Mobilgeräte hinter den anderen Lösungen zurückfiel, ist nicht unbedingt überraschend. Für den Scanvorgang benötigten wir etwa fünf Minuten, die anschließende Verarbeitung nahm 20 Minuten sowie ein Viertel des Smartphone-Akkus in Anspruch. Die Ergebnisse ohne Texturen offenbarten, dass von der Form lediglich der Umriss der Grundebene präzise wiedergegeben wurde. Ihr oberer Bereich wies dagegen eher eine pyramidenartig abgewinkelte Form als eine gleichmäßige Krümmung auf. Zudem war das Mausrad komplett verschwunden, das Kabel jedoch noch vorhanden. Die besten Resultate liefert die App bei kleinen Figuren, die etwa für Computerspiele digitalisiert werden. Für den Scan muss zunächst die Qlone Mat ausgedruckt werden, eine spezielle Unterlage mit einem Raster aus schwarz-weißen Quadraten. Vergleichbar mit dem Konzept von Voxeln, werden diese Quadrate auf die passende Höhe extrudiert, über die dann ähnlich einer Haube eine glatte Oberfläche über das Voxelgitter „gezogen“ wird. Erfreulich ist, dass sich die Generierung der Oberfläche des gescannten Objekts bei Qlone auf dem Bildschirm verfolgen lässt. Für den Einsatz im Reverse Engineering ist die App aber dennoch eher ungeeignet.
Weit vom Feld absetzen konnte sich RealityCapture. Die Ergebnisse, die die Software liefert, belegen nicht nur die enormen Qualitätsunterschiede bei Photogrammetrie-Lösungen mit aller Deutlichkeit. Sie zeigen auch, dass hochwertige photogrammetrische Scans selbst mit einem geringen Budget umsetzbar sind. So ist die Form unseres Testobjekts im Gesamtergebnis auf gleichem Niveau wie bei Meshroom oder Zephyr, wobei darüber hinaus aber auch alle Details nahezu vollständig ausgearbeitet sind. Besonders scharf wurden auch die Kanten wiedergegeben – sogar noch ausgeprägter als bei Colmap. Bemerkenswert war dabei auch die Schärfe, die die Trennlinien sowie schwach belichtete Bereiche aufwiesen. Zudem wies das Gittermodell keinerlei schwebende Artefakte auf. Dies erleichtert die Nachbearbeitung erheblich: Mit ein wenig Schneiden und Polieren lässt sich ein solches Modell im Handumdrehen für den Import in eine CAD-Umgebung fertig machen, um dort mit der Flächenrückführung und dem Reverse Engineering fortzufahren. Im Unterschied zu kostenlosen Open-Source-Softwarelösungen ist bei RealityCapture zwar für den Export jedes Modells eine geringe Gebühr zu entrichten. Angesichts der Zugewinne bei der Qualität ist diese Investition jedoch definitiv lohnenswert.
Formtreue | Details | Rauschen | Schwebende Artefakte | Schwach belichtete Bereiche | Overall Performance | |
---|---|---|---|---|---|---|
3DF Zephyr | ★★★★★ | ★★★☆☆ | ★★★☆☆ | ★★★☆☆ | ★★★★★ | ★★★★☆ |
Meshroom | ★★★★★ | ★★★☆☆ | ★★☆☆☆ | ★★☆☆☆ | ★★★★☆ | ★★★☆☆ |
Regard3D | ★★★☆☆ | ★★★☆☆ | ★☆☆☆☆ | ★★★☆☆ | ★★☆☆☆ | ★★☆☆☆ |
COLMAP | ★★★★☆ | ★★★★☆ | ★★★☆☆ | ★★★★☆ | ★★★☆☆ | ★★★☆☆ |
RealityCapture | ★★★★★ | ★★★★★ | ★★★★☆ | ★★★★☆ | ★★★★☆ | ★★★★★ |
QLone | ★☆☆☆☆ | ☆☆☆☆☆ | ★★★★★ | ★★★★☆ | ★★★☆☆ | ★☆☆☆☆ |
Fazit
Photogrammetrie bietet gegenüber dem klassischen 3D-Scan eine attraktive Alternative, da sie nicht mehr als eine Digitalkamera bzw. ein Smartphone sowie eine entsprechende Software erfordert. Damit senkt die Technologie die Einstiegshürde für die Erstellung von 3D-Modellen zur Realisierung im 3D-Drucker ganz erheblich.
Allerdings bedarf es einer gewissen Erfahrung und Übung sowie für jedes Projekt womöglich auch mehrerer Versuche, bis ein brauchbarer Fotoverband entstanden ist. Zudem ist eine gewisse Vorbereitung des zu digitalisierenden Objekts etwa in Form von Mattierung oder Texturierung vonnöten, damit es sich adäquat scannen lässt. Wie die verschiedenen derzeit auf dem Markt verfügbaren Lösungen für Photogrammetrie in dieser Hinsicht abschneiden, haben wir in diesem Zusammenhang ebenfalls untersucht und erhebliche Unterschiede in Bezug auf Qualität, Benutzerfreundlichkeit, Verarbeitungsgeschwindigkeit, Preis und Ausstattung mit intelligenten Funktionen festgestellt. Das Thema Luftbildphotogrammetrie haben wir in diesem Artikel zwar nicht behandelt. Dennoch sind Lösungen wie etwa iWitness oder Qlone klar auf spezifische Benutzergruppen und Anwendungsbereiche wie diesem ausgelegt. Allgemeiner angelegt ist dagegen der Funktionsumfang von 3DF Zephyr, Autodesk Recap und RealityCapture, die sich somit auch für ein breiteres Spektrum an Anwendungsbereichen eignen.
Ganz entscheidend ist die Detailgenauigkeit der Scans – zumindest, wenn die digitalisierten Modelle für den 3D-Druck vorgesehen sind. Denn hochauflösende Stereolithographie-Drucker wie die von Formlabs reproduzieren selbst kleinste Details mit höchster Präzision. Daneben bestimmen die Verarbeitungsgeschwindigkeit und Benutzerfreundlichkeit, wie gut sich die Software in die Pipeline integrieren lässt. Bietet sie zudem spezifische Funktionen wie die Konvertierung in CAD-Daten für weitere Anpassungen, den Abgleich mit Daten von Laserscannern, Modi zur Digitalisierung von 2 bzw. 2,5D-Mustern, Objekterkennung oder die Fähigkeit, flache und zylinderformige Oberflächen zu reproduzieren, wird mit ihr auch die Umsetzung einer Reihe weiterer wichtiger Anwendungsfälle möglich. Eher nebensächlich ist es dabei, ob Funktionen zur Optimierung der Gittermodelle bereits direkt in die Photogrammetrie-Pipeline einer Softwarelösung integriert sind. Denn hierfür sind diverse kostenfreie Werkzeugen verfügbar sind.
Unter dem Strich erweist sich der Einsatz der Photogrammetrie im Reverse Engineering nicht nur als äußerst nützlich, sondern auch als enorm kostensparend. Die mit ihr erstellten Gittermodelle weisen zwar Abweichungen zwischen 0,1 und 0,5 mm sowie einige unerwünschte Artefakte auf. Mit ein wenig Nachbearbeitung und Experimentierfreude eignen sich diese aber dennoch für eine Vielzahl von Reverse-Engineering-Projekten – gerade auch bei solchen mit Objekten von geringer bis mittlerer geometrischer Komplexität. Ist eine höhere Präzision gefragt, bleiben 3D-Laserscans oder hybride Methodiken, die diese um Photogrammetrie ergänzen, allerdings auch weiterhin die erste Wahl.