Designer und Ingenieure auf der ganzen Welt arbeiten angestrengt an der Erfindung neuer Produkte, doch nur die wenigsten davon erblicken jemals das Licht der Welt und werden zum Erfolg. Aber wenn neue Kreationen von Grund auf so schwierig sind, wie kann man dann dabei die Risiken vermeiden und seinen Produktideen eine Chance zum Überleben und Erblühen gewähren?
Hier sind ein paar Strategien, die sich als effektiv bei der Findung und Bewertung neuer Produktgelegenheiten bewiesen haben:
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Die Lösung eines bedeutenden Problems
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Die Entwicklung neuer Technologien
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Die Gelegenheit eines ausgelaufenen Patents
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Etwas zur Verbesserung oder Unterstützung eines bestehenden Produkts
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Die Erweiterung eines Produkts oder einer Dienstleistung Ihres bestehenden Sortiments
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Die Verbesserung eines bestehenden Produkts oder Designs eines Dritten
In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf all diese Wege und beleuchten reale Beispiele kleiner und großer Unternehmen, wie diese Strategien zum Einsatz kommen.
Ein Problem als Ausgangspunkt
Ein Produkt ist nur erfolgreich, wenn es auch gekauft wird. Und die Chance dafür steigt, wenn das Produkt für die Käufer ein bedeutendes Problem löst. Eine der besten Möglichkeiten zur Identifikation solcher lösungsbedürftigen Probleme ist, sich seine eigenen Probleme vor Augen zu führen.
Ihre eigenen, persönlichen Probleme garantieren auf jeden Fall, dass dort wirklich ein Problem existiert. Viel zu oft kommt es vor, dass Unternehmen Produkte als Lösung anbieten auf Probleme, die gar niemand hat.
Nehmen wir beispielsweise die Firma Juicero. Dort ging es um eine moderne Lösung für frisch gepressten Saft in den eigenen vier Wänden. Und nachdem das Unternehmen einen 400 Dollar teuren, technisch vollkommen überladenen Paket-Entsafter auf den Markt brachte, ging es steil bergab, da man überhaupt nicht auf ein tatsächliches Problem eingegangen war, für dessen Lösung Kunden derartige Summen ausgeben würden. Ohne die Beantwortung grundlegender Fragen wie: „Ist die Lösung dieses Problems lohnenswert?“ und „Habe ich selbst mit diesem Problem zu kämpfen?“ erschuf Juicero das falsche Produkt zum falschen Abgabepreis und wurde vom Markt dafür bestraft.
Es ist ratsam, sich Fragen zu stellen wie:
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Wer könnte so ein Produkt hier und jetzt gut gebrauchen?
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Wäre diese Zielgruppe so heiß darauf, dass sie selbst die erste Version eines Prototyps verwenden würde, der noch nicht hundertprozentig funktioniert?
Falls Sie auf diese Fragen keine Antworten haben, dann ist Ihre Idee aller Wahrscheinlichkeit nach nicht lohnenswert.
Michael Kononsky war ein begeisterter Hobbybrauer. Er störte sich aber daran, dass während des Brauprozesses keine Daten zur Verfügung standen. In einem Interview mit Formlabs berichtete er: „Du verschließt das Braugefäß für zwei Wochen und hast keine Ahnung, was in seinem Inneren vor sich geht. Du hast keine Ahnung, ob das Bier gut oder schlecht wird, ob es zu warm ist oder zu kalt.“ So war er auf ein Problem gestoßen, das er selbst nachfühlte. Und als Designer konnte er sich dessen persönlich annehmen. Nach vielen Iterationen erstellte er schließlich einen transparenten Gärspund, der das CO2-Niveau während des Fermentierungsprozesses misst und somit das Brauen (und das Bier) durch Daten verbessert, die vorher nicht zur Verfügung standen.
Wenn man beim Problem ansetzt, sollte man diese vier Dinge beachten:
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Kennen Sie selbst dieses Problem?
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Können Sie die Lösung dafür selbst herstellen?
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Erkennen auch andere den Wert dieser Problemlösung?
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Wie viel würden Leute für eine solche Lösung bezahlen?
So wählen Sie die richtige 3D-Drucktechnologie
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Technologie im Mittelpunkt
Eine andere Strategie ist, bei der Suche nach Produktideen bei neuen Technologien anzusetzen. Ingenieure oder Wissenschaftler schauen sich wohl am ehesten nach neuen Technologien und Arbeitsweisen um. Aus den daraus resultierenden Entdeckungen entstehen manchmal Gelegenheiten zur Entwicklung neuer Produkte, mit den wiederum andere ihre Ideen weiterentwickeln.
Ein Beispiel dafür ist IBM, wo man 1953 die erste Festplatte der Welt erfand. Computer gab es damals nur sehr begrenzt, doch in bestimmten Industrien erfreuten sie sich steigender Beliebtheit. Ihre Verbreitung scheiterte jedoch an der mangelnden Fähigkeit, Informationen zu speichern. Als IBM die Festplatte veröffentlichte, konnten Computer wie niemals zuvor Daten speichern und wieder aufrufen. Für uns ist das heute selbstverständlich, doch damals war die Technologie revolutionär. IBM entwickelte dank ihr die eigenen Computerprodukte weiter. Schlussendlich veränderte diese Erfindung die Welt und ist mittlerweile das Herzstück fast aller modernen Computer. Dieser Ansatz mit der Technologie im Mittelpunkt erschuf ein Werkzeug, mit dem andere wiederum ihre Ideen und Erfindungen verwirklichen konnten.
Auslaufende Patente
Nach der Erfindung einer neuen Technologie lässt der Erfinder diese oft patentieren, um seine Entdeckung über einen gewissen Zeitraum gegen Wettbewerber zu schützen. Die entsprechende Länge dieses Schutzes hängt von der jeweiligen Gesetzgebung und Patentart ab. Auf US-amerikanischer Seite zum Beispiel schützt das „Utility Patent“ neue Erfindungen und digitale Prozesse für 20 Jahre. Das „Design Patent“ gilt hingegen für industrielle Designs funktionaler Gegenstände und einen Zeitraum von 15 Jahren.
Sobald ein Patent ausläuft, dürfen auch andere Erfinder diese Technologie in ihren eigenen Produkten verwenden. Dann sieht der Markt oft billigeren oder erschwinglicheren Einsatz dieser Technologie. Ein großartiges Beispiel für diesen Fall ist die Pharmaindustrie. Wenn das Patent eines beliebten Medikaments ausläuft, stehen die Konkurrenten fast immer schon in den Startlöchern, um ihre eigene Version besagten Medikaments unters Volk zu bringen. Mehr Unternehmen profitieren von der Technologie und die Kundschaft erhält mehr Auswahl zu besseren Preisen.
Ähnlichkeiten dazu findet man auch im 3D-Druck, wo die Technologie in den ersten 25 Jahren auf große, teure Industriedrucker beschränkt war, die nur von einer Handvoll Unternehmen vertrieben wurden. 2010 und in den Folgejahren öffnete 3D-Druck seine Türen, damit Technologien wie die Stereolithografie (SLA) in erschwinglicheren Desktop-Geräten umgesetzt werden konnten.
Auslaufende Patente findet man in den USA beispielsweise in der USPTO Patent Database. Diese Datenbank ist kostenlos und frei verfügbar, weshalb sie eine großartige Ressource zur Ideenfindung ist.
Produktzubehör
Wenn ein neues Produkt den Markt erobert, bieten sich oft Gelegenheiten zur Entwicklung entsprechenden Zubehörs. Ein neues Produkt schafft neue Bedürfnisse, die sich mit der Zeit weiterentwickeln. Ist ein neues Produkt nur beliebt genug, entstehen ganze Unternehmen, die den daraus resultierenden Markt für sich nutzen. Insbesondere hat der Boom in der Verbraucherelektronik eine Industrie geschaffen, die Produkte herstellt zur Unterstützung der oder zur Zusammenarbeit mit den etablierten Erfindungen.
Ein Paradebeispiel dafür sind die Erfinder, die seit Veröffentlichung von Apples iPhone im Jahre 2007 entsprechendes Zubehör herstellen. Über 2 Milliarden iPhones wurden verkauft und haben so den Weg geebnet für eine große Anzahl an Firmen, die nun dessen Hüllen, Ladegeräte, Betthalterungen etc. herstellen.
Steven Yang (der Gründer von Anker) gab seine Stelle bei Google auf, als er die Chance zur Produktion preiswerten Zubehörs witterte. Sein Ziel waren Produkte mit besserem Design und Preis als bei den großen Marken. Nach Kabeln und Wandladegeräten erkannte er, dass die Akkuleistung für Smartphone-Besitzer ein entscheidender Knackpunkt war – und Smartphones waren gerade gewaltig auf dem Vormarsch. Anker konzentrierte sich daraufhin auf elegante Powerbanks mit Schnellladefunktion. Akkukapazitäten waren ausgereizt, aber bei der Ladegeschwindigkeit waren noch Fortschritte möglich. Heute wird Anker mit 1 Milliarde US-Dollar beziffert und ist zu einem der führenden Namen bei Zubehör geworden.
Dabei muss Zubehör keinesfalls auf außenstehende Firmen beschränkt sein. 2013 versandte Formlabs seinen ersten 3D-Drucker. Dieser nutzt eine als SLA bekannte Drucktechnologie, bei der flüssiges Kunstharz von einem Laser zu komplexen Objekten ausgehärtet wird. Derartige 3D-Drucke müssen gewaschen und mit UV-Licht nachgehärtet werden. Doch dafür gab es 2013 keine guten Lösungen. 2017 veröffentlichte Formlabs schließlich den Form Wash und Form Cure als Ergänzung der eigentlichen Hauptprodukte.
Produkterweiterungen
Knackpunkte und Störfaktoren der eigenen Kunden anzugehen, kann als Unternehmen von entscheidendem Vorteil sein. Das neue Produkt kann eine Erweiterung dessen sein, was Sie ohnehin vertreiben, und so die Bindung Ihres Kundenstamms stärken. Die Frage bietet sich an: „Welche Probleme treten bei den Kunden aktuell am häufigsten auf und werden als schlimmste Störung empfunden?“
Peak Design ist ein Produktdesignunternehmen, das sich anfangs auf Kamerazubehör konzentrierte und schließlich zu kurzlebigen Konsumgütern überging. Nach der Erstellung seiner extrem beliebten Fotografentaschen erkannte das Unternehmen, dass sich die Ausrüstung mit den Produkten zwar hervorragend transportieren ließ, nach der Herausnahme aus den gepolsterten Taschen jedoch ungeschützt war. Die Kunden mussten sich mit ungeschickten Gurten herumplagen, die sich nur schwer einstellen und noch schwerer an der Ausrüstung befestigen ließen. Und so entwickelte Peak Design ein Klemmsystem, mit dem Kunden die Gurte, Sicherheitsleinen und verschiedene andere Dinge an der Ausrüstung befestigen können und das sich ganz einfach lösen lässt. Dank dieser Erfindung hatten die Kunden nun eine einfache Möglichkeit, die Produkte von Peak Design in ihre Arbeit zu integrieren.
Ein besseres Benutzererlebnis für existierende Produkte oder Technologien
Eine großartige Quelle neuer Produktideen sind bestehende Produkte, deren Benutzung umständlich ist oder die nur beschränkte Funktionen bieten. Mit dem Ansatz eines besseren Benutzererlebnisses schlagen Sie Gewinn aus einem Markt mit hoher Nachfrage, dessen etablierte Unternehmen aber keinen Änderungsbedarf bei der Benutzerfreundlichkeit sehen.
Nests Neuentwurf des Thermostats ist ein ideales Beispiel für dieses Konzept. Seit das Thermostat 1886 erfunden wurde, hat sich das Design kaum geändert. Das erste Nest-Produkt war ein Thermostat mit verbesserter Benutzeroberfläche, die sich leicht lesen und einstellen lässt und die die Temperatur im Haus mittels Vorhersage steuert. Nutzer können ihr Nest-Thermostat über ihr Smartphone verwalten und Temperaturänderungen für den Verlauf des Tages ein programmieren.
Es ist nicht leicht, neue Ideen zu finden
Viele Wege führen zu großartigen Produkten. Ihr Weg hängt von Ihrer Identität ab, von Ihrer Erfahrung und von Ihren Kenntnissen einer spezifischen Branche. Die hier genannten Strategien sind gute Ausgangspunkte und haben sich bei einigen der erfolgreichsten Unternehmen weltweit bewährt.
Stellen Sie auf jeden Fall gleich zu Beginn des Entwicklungsprozesses die richtigen Fragen. Nur wenn Sie verstehen, welchen Platz Ihre Erfindung in der Welt einnimmt, vermeiden Sie schlechte Ideen und verschwenden weder Zeit noch Geld.
Falls Sie noch mehr Inspiration benötigen, schauen Sie doch, wie andere Unternehmen vom Prototypen zur Produktion übergegangen sind. Oder haben Sie bereits eine Idee? Dann ist es Zeit für den nächsten Schritt: das Lastenheft. Dadurch erhalten Designer und Entwickler einen realistischen Eindruck, was für dieses Produkt benötigt wird.