Die Kriwat GmbH ist ein auf orthopädische Schuhtechnik spezialisiertes Sanitätshaus mit Sitz in Kiel. Seit Anbeginn zeichnet sich das Unternehmen durch seinen einzigartigen Fokus auf die Kombination von Leistungssport mit innovativer medizinischer Forschung aus.
Michael Kriwat gründete das Unternehmen 1987 als einer der ersten Fachleute Deutschlands für die Schrittanalyse auf dem Laufband, sowohl für hobbymäßige als auch professionelle Sportler*innen. Seitdem ist das Unternehmen auf sechs Standorte in Kiel, Hamburg und Preetz mit 75 Mitarbeitenden angewachsen und hat sein Angebot auf die personalisierte Patientenversorgung in den Bereichen Bandagen, Einlegesohlen, Orthesen und orthopädisches Schuhwerk ausgedehnt.
Die Orthopädiebranche sieht einem ernsthaften Arbeitskräftemangel entgegen – nur wenige Berufseinsteiger möchten heute noch den aufwändigen Prozess der Herstellung von Orthesen auf sich nehmen, und noch weniger möchten die Verantwortung tragen, kleine und mittlere, häufig familiengeführte Unternehmen zu leiten.
Lesen Sie im Folgenden nach, wie Lais Kriwat, Michaels Sohn, einen digitalen Arbeitsprozess zur Produktion von Einlagen mit SLS-3D-Druck (selektives Lasersintern) entwickelte, um sein Unternehmen zu modernisieren und diese Herausforderungen zu überwinden, und wie er die Firma damit auf den Weg brachte, dieses Jahr 10 000 Einlagenpaare mit 3D-Druck herzustellen.
Die Transformation eines Handwerks durch 3D-Druck
Der traditionelle Arbeitsprozess zur Herstellung orthopädischer Einlagen ist überaus arbeitsintensiv und für Kundschaft und Dienstleister gleichermaßen umständlich. Zuerst treten Kund*innen in Trittschaum, um einen Abdruck ihres Fußes nehmen zu lassen. In diesen Abdruck wird zur Nachbildung der Fußform eine Polymerflüssigkeit eingegossen, mit der schließlich die passende orthopädische Einlage produziert wird.
Dieser Prozess erfordert Fachkenntnis und manuelle Arbeitsschritte in einer Umgebung voller Staub und chemischen Gasen. „Das hat mich während meiner Ausbildung sehr gestört. Vieles musste mit Chemie hergestellt werden. Es mussten viele Sachen an der Schleifmaschine geschliffen werden. Da hat man immer sehr, sehr viel Kontakt mit Chemikalien und mit vielen Stäuben. Deswegen habe ich mir als Ziel gesetzt, dass ich einen anderen Weg einschlagen will, um den Kontakt mit Chemikalien zu reduzieren“, erklärt Lais Kriwat.
Als Neueinsteiger in der Branche erlebte Lais die Herausforderungen des traditionellen Arbeitsprozesses aus erster Hand und erkannte, dass Veränderungen notwendig waren, um auf dem Arbeitsmarkt relevant zu bleiben.
„Die Schwierigkeiten der momentanen Zeit in unserer Branche sind ganz klar im Personalmangel. Es ist schwer, Personen zu finden, die unser Handwerk noch ausüben wollen, und diese zu interessieren, dieses Handwerk am Ende als Job zu machen. Deswegen ist unser ganz klares Interesse, dass wir den Job interessant gestalten, und da sind neue Technologien ganz, ganz wichtig“, so Kriwat.
Lais begann 2017 zum ersten Mal mit 3D-Druck zu experimentieren, als er auf einem kleinen Schmelzschichtungs-3D-Drucker (FDM) Hobbyprojekte und Prototypen druckte. Nachdem er vertrauter mit 3D-Design und 3D-Druck geworden war, suchte er nach Wegen, diese in das Familiengeschäft zu integrieren. Als er den SLA-3D-Druck (Stereolithografie) entdeckte, investierte das Unternehmen in einen Drucker des Typs Form 3BL für Modelle in Lebensgröße, der für die Orthesenfertigung völlig neue Möglichkeiten eröffnete. Lais erschloss Schritt für Schritt neue Anwendungen, bevor er sich schließlich dem Kerngeschäft des Unternehmens zuwandte, der Herstellung von Einlagen.
„Am Anfang war das alles ein Projekt, wo ich nicht richtig wusste, was die nächsten Schritte sind. Deswegen habe ich mich auf den Weg gemacht und nach wirklich guten Partnern gesucht, und bin da auf Formlabs gestoßen. Das war ein absoluter Glücksgriff für mich, weil ich die Idee, die ich im Kopf hatte, wirklich umsetzen konnte. Ich konnte Designs zu ihnen schicken, die sie für mich ausgedruckt haben, um erst mal zu sehen: Funktioniert das eigentlich in dieser 3D-Technologie? All das waren Punkte, wo ich keine Erfahrung hatte und wo mir Formlabs extrem geholfen hat“, erzählt Lais Kriwat.
Schritt für Schritt digitalisierte Lais den Arbeitsprozess der Einlagenproduktion und validierte die Endprodukte durch interne und Kundentests. Mit dem neuen digitalen Arbeitsablauf werden manuelle Abdrücke von Füßen durch 3D-Scans ersetzt und die lange Liste manueller Arbeitsschritte wird dank digitalem Design und 3D-Druck verkürzt. Die 3D-gedruckten Teile werden mit dem traditionellen Prozess kombiniert, um das Endprodukt zu fertigen.
3D-Druck starrer Einlagenrohlinge
Erfahren Sie, wie Sie mit Formlabs' kompaktem, erschwinglichem SLS-Ecosystem starke, duktile Einlagenrohlinge herstellen, die mehr als 4 Millionen Biegeprüfungen standhalten. Dieser umfassende Leitfaden bringt Sie sofort auf Touren bei der Produktion von Einlagen mit dem Fuse 1+ 30W.
Welche Vorteile liefert der 3D-Druck bei der Einlagenproduktion?
Kriwats Team nutzte zwei SLS-3D-Drucker des Typs Fuse 1+ 30W und Nylon 11 Powder, um kundenindividuelle Einlagenkerne und sogar ganze Einlagen herzustellen. Vor dem Umstieg auf die digitale Produktion war es für Lais natürlich entscheidend, nachzuweisen, dass der neue Arbeitsprozess zur Produktion orthopädischer Einlagen tatsächlich sowohl für das Unternehmen als auch seine Kundschaft beträchtliche Vorteile innehat. Sehen wir uns die wichtigsten Vorteile an, die er betonte.
Zeitersparnis
Der neue Arbeitsablauf macht es möglich, einen 3D-Scan zu erstellen, daraus noch am selben Tag ein digitales Modell zu kreieren und dieses in einem Druckauftrag zusammen mit weiteren Einlagen über Nacht auf dem Fuse 1+ 30W zu drucken. Danach kann Kriwats Team die Teile nachbearbeiten, mittels des traditionellen Arbeitsablaufs die Einlage um den Kern herum fertigen und die gesamte Einlage schon am nächsten Tag fertigstellen.
„Jetzt haben wir die Möglichkeit, innerhalb von 24 Stunden eine perfekt passende Einlage für den Patienten zu schaffen. Das ist etwas, was für uns natürlich einen extremen Vorteil bietet, weil wir schnell produzieren können. Aber am Ende ist das Wichtigste der Patient, der ein Problem hat und den wir innerhalb von kürzester Zeit perfekt versorgen können.“
Lais Kriwat, Orthopädieschuhtechnikmeister, Geschäftsleitung der Kriwat GmbH
Kosteneinsparungen
Verglichen mit traditionellem Handwerk bietet der neue digitale Arbeitsablauf finanzielle Vorteile, sowohl hinsichtlich Materialkosten als auch insbesondere bei den Personalkosten. Mit dem neuen Prozess laufen viele Arbeitsschritte digital ab und erfordern weder Material noch langwierige Handarbeiten. Bei Kriwats Produktionsvolumen rentiert sich der einmalige Erwerb eines 3D-Scanners und der Designsoftware mehr als die Bezahlung großer Mengen von Trittschaum und flüssigen Chemikalien.
Außerdem können die Mitarbeitenden dank des schnelleren Arbeitsprozesses mehr Fälle pro Tag bearbeiten, was die Kosten für die Belegschaft senkt. Nach Lais' Schätzung reduzierten sich die Produktionskosten dank des 3D-Drucks um etwa 15–17 %.
Obwohl das Kriwat-Team sofort erkannte, welche Schlüsselrolle der betriebsinterne 3D-Druck bei der Kostensenkung und Optimierung des Workflows spielen würde, lagen die meisten SLS-Drucklösungen mit Preisen im sechsstelligen Bereich außerhalb seines Budgets. Der SLS-Drucker Fuse 1+ 30W war das einzige Gerät, das zu einem für kleine und mittlere Unternehmen erschwinglichen Preis genau die industrielle Leistung bot, nach der das Team suchte.
„Bei Formlabs ist der große Vorteil natürlich auch das Finanzielle. Als mittelständisches Unternehmen kann ich diese Summe der Investitionen stemmen, was bei anderen Herstellern für uns einfach nicht erreichbar wäre, und für andere Betriebe in unserer Branche auch nicht.“
Lais Kriwat, Orthopädieschuhtechnikmeister, Geschäftsleitung der Kriwat GmbH
Vereinfachter Arbeitsablauf
Der SLS-3D-Druck mit der Fuse-Serie bietet eine Vielzahl an Funktionen, die den Arbeitsprozess der Einlagenfertigung leichter machen. Dank des selbststützenden Druckverfahrens können zahlreiche Einlagen zusammen in einem Auftrag gedruckt werden, was den Prozess optimiert und Kosten senkt. Nylonteile haben zudem eine leicht raue Oberflächenbeschaffenheit, wodurch sie sich ideal für das Bekleben mit Zusatzstoffen und Deckschichten für die verschiedenartigen Endprodukte eignen. Außerdem können Nylonteile zerspant und geschliffen werden, um die perfekte Oberflächenqualität für das Endprodukt zu erzielen.
Dashboard ist ein Online-Tool von Formlabs zur Verwaltung mehrerer 3D-Drucker zugleich, mit dem Druckaufträge und Materialverbrauch überwacht und Benachrichtigungen über den Druckstatus erhalten werden können, was eine Kernfunktion in Lais' Planung erfüllte. Nachdem er im Laufe seiner Karriere Erfahrungen mit einer langen Reihe von Slicer-Softwares für 3D-Drucker gesammelt hatte, beurteilte er Formlabs' Druckvorbereitungssoftware PreForm als intuitiv und benutzerfreundlich.
„PreForm ist die perfekte Software, um einen Druck schnell umzusetzen. Für uns ist es auch wichtig, die Mitarbeitenden mitzunehmen und ihnen zu zeigen, wie einfach 3D-Druck sein kann. PreForm ist ideal, weil es echt ein Kinderspiel ist, leicht zu erklären, und am Ende bekommt man seinen Druck schnell auf den Drucker“, berichtet Lais Kriwat.
Verbesserte Logistik
Die Digitalisierung vereinfacht auch das Logistikmanagement. In ihrer Hamburger Filiale hat die Kriwat GmbH mittlerweile 3D-Scanner, dank derer die Daten viel leichter digital an den Hauptsitz in Kiel versendet werden können, wo schließlich die kundenindividuellen Endprodukte entworfen werden. In der Vergangenheit mussten die physischen Abdrücke für die Einlagenproduktion zurück zum Unternehmenshauptsitz transportiert werden, was aufgrund der regelmäßigen Fahrtzeiten deutlich zeitraubender und kostspieliger war.
Nachhaltigkeit
Abgesehen von den reduzierten Transportkosten gibt es noch weitere Wege, wie der 3D-Druck den Arbeitsprozess nachhaltiger gestaltet. Durch den digitalen Arbeitsablauf wird für die Fertigung des Endprodukts weitaus weniger Material benötigt, da das Erstellen einer Nachbildung des Fußes komplett wegfällt. Die Kriwat GmbH muss nun keine Tausenden von Fußmodellen, Reste unbenutzten Trittschaumes und Chemieabfälle mehr entsorgen. Durch das effiziente System der Fuse-Serie kann ungesintertes Pulver für den nächsten Auftrag recycelt werden, sodass ein Kreislaufprozess entsteht, durch den sich Abfälle reduzieren oder sogar gänzlich vermeiden lassen.
„Nachhaltigkeit ist für meine Generation das wichtigste Thema. Mein Ziel war, dass wir am Ende nicht so viel Material entsorgen müssen. Ein Beispiel ist, dass wir hier eine Plastiktonne haben, wo ich mir zum Ziel gesetzt hatte, dass sie nicht mehr wöchentlich geleert werden müsste, sondern wir den Abfall so minimieren, dass man sie nur noch alle vier Wochen leeren muss. Ich wollte auch den Einsatz von Chemikalien reduzieren und weniger davon entsorgen. Die SLS-Technologie ist die perfekte Lösung für uns, weil wir wirklich nur das drucken, was wir auch brauchen“, so Lais Kriwat.
Durch Innovation zu den Einlagen der Zukunft
Für das erste volle Jahr hat sich Kriwat vorgenommen, etwa 50 % seiner Einlagenproduktion zu digitalisieren und ca. 10 000 Paare von Einlagenkernen und vollständigen Einlagen zu drucken. Aber auch für die Zukunft bieten die zwei Fuse 1+ 30W eine Vielzahl an Vorteilen.
„Im ersten Schritt der Digitalisierung war unser Ziel, das traditionelle Handwerk zu digitalisieren. Das bedeutet, die Form unserer Einlagen, also die spezifischen Einlagentypen in den Computer zu übertragen und am Ende tatsächlich am 3D-Drucker auszudrucken. In den nächsten Schritten wird es so sein, dass wir ganz neue Produkte schaffen werden, die nur auf der Basis der 3D-Technologie basieren“, stellt Kriwat in Aussicht.
Die Gestaltungsfreiheit des SLS-3D-Drucks ermöglicht unter anderem die Umverteilung des Drucks beim Gehen, individuelle Premium-Produkte, bestimmte Arten von Stützen, die sich mit traditionellen Methoden nicht fertigen lassen, und dünnere Produkte, die dennoch optimalen Halt für den Fuß bei Sportarten wie Joggen oder Fußball bieten.
„Darauf freue ich mich extrem, dass wir neue Innovationen auf den Markt bringen werden, die vielleicht vor 15 Jahren gar nicht so möglich waren, aber jetzt durch die 3D-Technologie viele, viele neue Möglichkeiten bieten. Dinge, die wir uns heute vielleicht gar nicht vorstellen können, werden schon bald Wirklichkeit.“
Lais Kriwat, Orthopädieschuhtechnikmeister, Geschäftsleitung der Kriwat GmbH
Erfahren Sie mehr über 3D-gedruckte Einlegesohlen oder kontaktieren Sie unser medizinisches Expertenteam, falls Sie Fragen über den Arbeitsablauf oder Formlabs' 3D-Drucklösungen haben.