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Brancheneinblicke

Einführung in den medizinischen 3D-Druck und 3D-Drucker für das Gesundheitswesen

Personalisierte Präzisionsmedizin ist auf dem Vormarsch. Fortschrittliche Technologien und neue Werkzeuge bringen die Medizin näher an den Menschen und ermöglichen Behandlungen und Geräte, die auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt sind.

Fortschritte im 3D-Druck für die Medizin haben in allen Bereichen des Gesundheitswesen entscheidende Beiträge geleistet. Auf Patientenseite bieten neue, mit 3D-Druck entwickelte Werkzeuge und Therapiemethoden mehr Komfort und Individualisierung bei der Behandlung. Für medizinische Fachleute bietet die neu erschlossene Technologie ein besseres Verständnis komplexer Fälle sowie neue Werkzeuge, die letztendlich den Qualitätsstandard der Behandlung erhöhen.

Von Modellen zur Operationsplanung über 3D-gedruckte Vaskulatur hin zu Bioreaktoren stellen wir Ihnen fünf Arten vor, wie 3D-Druck die Medizin vorantreibt, und erklären, warum viele Fachleute vom Potenzial des 3D-Drucks im Gesundheitswesen begeistert sind. Außerdem lernen Sie die beliebtesten 3D-Drucker für die Medizin kennen und erfahren, wie Sie für bestimme Anwendungsfälle die richtige 3D-Drucklösung wählen.

Stereolithography - Form 3B Resin 3D Printer
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Einführung in den medizinischen 3D-Druck

Nehmen Sie an unserer Einführung teil, um bewährte Praktiken für den medizinischen 3D-Druck kennenzulernen. Außerdem stellen wir Ihnen das neueste Ecosystem von Formlabs Medical vor, einschließlich mehrerer neuer medizinisch geprüfter Produkte!

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Medizinische Anwendungsbereiche für 3D-Druck

1. Patientenspezifische Operationsmodelle

3D-gedruckte Anatomiemodelle erstellt aus Scandaten der Patient*innen werden in der heutigen personalisierten Präzisionsmedizin immer nützlicher. Die Fälle werden immer komplexer. Und bei Routineeingriffen wird die Effizienz im OP-Saal immer wichtiger. Deshalb helfen greifbare Anschauungsmodelle viel beim Verständnis und bei der Kommunikation innerhalb des Teams sowie mit den Behandelten.

Medizinisches Personal, Krankenhäuser und Forschungsinstitute auf der ganzen Welt nutzen 3D-gedruckte Anatomiemodelle als Referenzen – bei der vorbereitenden Operationsplanung, der intraoperativen Darstellung sowie für die Größenbestimmung oder Voreinstellung medizinischer Ausrüstung – sowohl bei Routineeingriffen als auch bei höchst komplizierten Prozeduren, wie in Hunderten von Publikationen dokumentiert.

Mit 3D-Druck ist die Anfertigung patientenspezifischer Referenzmodelle zum Anfassen aus CT- oder MRT-Scans unkompliziert und erschwinglich. In Peer-Review begutachtete Fachliteratur zeigt auf, wie diese zusätzliche Perspektive medizinischen Teams bei der Operationsvorbereitung hilft. Das wiederum verringert die Kosten und die Operationszeit und erhöht die Patientenzufriedenheit, da ihre Bedenken gemildert und Genesungszeiten verkürzt werden. 

Vor einem Eingriff können Behandlungsteams patientenspezifische Operationsmodelle zur Aufklärung der Patient*innen nutzen, wodurch Sorgen genommen und Zustimmung und Akzeptanz gefördert werden.

Die Lehren aus präoperativen Modellen können sich auch auf den Verlauf der Behandlung auswirken. Diese Erfahrung machte Dr. Michael Eames. Nachdem er die Unterarmknochen eines jungen Patienten nachgebildet hatte, bemerkte er, dass die Verletzung nicht mit seiner ursprünglichen Annahme übereinstimmte.

Dr. Eames entschloss sich für eine neue Weichgewebeprozedur, einen weitaus weniger invasiven Eingriff, der die Genesungszeit verringerte und die Narbenbildung minimierte. Mit der gedruckten Nachbildung der Knochen erklärte Dr. Eames dem jungen Patienten und seinen Eltern den Eingriff, die daraufhin einwilligten.

Das Ergebnis? Die Operationszeit belief sich auf unter 30 Minuten, anstatt der ursprünglich angesetzten drei Stunden. Diese Verkürzung der Operationsdauer sparte dem Krankenhaus geschätzte 5500 USD und beschleunigte die Genesung des Patienten, der nun weniger Zeit in postoperativer Pflege verbringen musste.

Dr. Alexis Dang, orthopädischer Chirurg an der University of California San Francisco (UCSF) und dem San Francisco Veteran's Affairs Medical Center äußert sich folgendermaßen: „Jedes einzelne Vollzeit-Mitglied unseres Chirurgieteams und fast alle Teilzeit-Mitglieder haben 3D-gedruckte Modelle bereits in der Patientenversorgung hier im Krankenhaus San Francisco VA eingesetzt. Wir haben alle festgestellt, dass 3D-Druck am Tag des Eingriffs unsere Arbeit verbessert.“

Neue biokompatible 3D-Druckmaterialien haben außerdem zur Entwicklung neuer Operationswerkzeuge und -techniken geführt, die speziell die klinische Erfahrung während der Eingriffe verbessern. Dazu gehören sterilisierbare Instrumentenkassetten, Konturvorlagen und Modelle zur Implantatsgrößenbestimmung, die während der OP oder noch vor dem ersten Schnitt eingesetzt werden. Mit ihnen verringern chirurgische Teams die OP-Dauer und erhöhen die Genauigkeit bei komplizierten Eingriffen. 

Anatomisches Modell einer Hand einschließlich einer „Haut“ aus elastischem 3D-Druckmaterial.

Für Todd Goldstein, PhD, Ausbilder am Feinstein Institute for Medical Research, ist es offensichtlich, welche zentrale Rolle 3D-Drucktechnologie in seiner Abteilung einnimmt. Seinen Einschätzungen zufolge könnte Northwell Health durch den Einsatz von 3D-gedruckten Modellen schon für 10–15 % aller Fälle 1 750 000 USD pro Jahr sparen.

„Von Prototypen medizinischen Geräts über komplexe Anatomiemodelle für unser Kinderkrankenhaus bis hin zu unseren Fortbildungsprogrammen und zur Einführung von 3D-gedruckten Bohrschablonen in der Zahnklinik [hat 3D-Drucktechnologie] unsere Möglichkeiten erweitert und dabei die Kosten gesenkt. Ohne unseren SLA-Drucker wäre die Erstellung der Hilfsmittel nahezu unmöglich, mit denen wir die Patienten behandeln", sagt Goldstein.

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3D-gedruckte Anatomiemodelle für die vorbereitende Operationsplanung und verbesserte Patientengespräche

Laden Sie unser Whitepaper herunter und erhalten Sie eine praktische Anleitung dazu, wie medizinisches Personal 3D-gedruckte Anatomiemodelle aus Patientenscans erstellt, bewährte Praktiken für die Einrichtung eines CT/MRT-Scans ermittelt, Datensätze segmentiert und Dateien in druckbare Formate konvertiert.

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Anwendungen und Arbeitsabläufe des 3D-Drucks: Einblicke von Mayo Clinic

In diesem Webinar erläutert Dr. Jonathan Morris, Neuroradiologe und einer der Leiter des Anatomic Modeling Laboratorys an der Mayo Clinic in Rochester (Minnesota), die Geschichte des 3D-Drucks im Gesundheitswesen sowie erfolgreiche Praxisanwendungen des 3D-Drucks durch Radiologen in Krankenhäusern.

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2. Neue Medizinprodukte und Instrumente

3D-Druck ist für viele mittlerweile fast synonym mit Rapid Prototyping. Die Benutzerfreundlichkeit und die niedrigen Kosten des betriebsinternen 3D-Drucks haben auch die Produktentwicklung revolutioniert. Viele Hersteller medizinischen Geräts und chirurgischer Instrumente setzen bei der Entwicklung brandneuer Produkte bereits auf diese Technologie.

Über 90 Prozent der Medizinproduktfirmen nutzen bereits 3D-Druck, um präzise Prototypen medizinischen Geräts oder Halterungen und Vorrichtungen zur Vereinfachung Ihrer Tests herzustellen, sowie auch für die direkte Produktion 3D-gedruckter Medizinprodukte.

Mit den Worten von Alex Drew, einem Ingenieur für mechanische Projekte beim globalen Medizinproduktanbieter DJO Surgical: „Bevor DJO Surgical den [3D-Drucker von Formlabs] anschaffte, mussten wir uns für Prototypen fast ausschließlich auf externe Druckanbieter verlassen. Heute betreiben wir vier Formlabs-Geräte und die Auswirkungen sind tiefgreifend. Unsere 3D-Druckrate hat sich verdoppelt, die Kosten wurden um 70 Prozent reduziert und das hohe Druckdetail ermöglicht eine klare Kommunikation der Entwürfe bei Gesprächen mit orthopädischen Chirurgen.“

Medizinproduktfirmen wie Coalesce nutzen 3D-Druck, um präzise Prototypen medizinischen Geräts herzustellen.

3D-Druck beschleunigt den Designprozess, da komplexe Entwürfe innerhalb von Tagen iteriert werden können anstatt von Wochen. Als Coalesce den Auftrag hatte, einen Inhalator zu erstellen, der digital das Atemprofil von Asthmapatienten misst, hätte das Outsourcing zu einem Dienstleister bei jedem einzelnen Prototypen zu langwierigen Durchlaufzeiten geführt. Die Designdateien hätten über mehrere Iterationen hinweg mühsam verfeinert werden müssen, bevor sie dann außer Haus angefertigt würden. 

Stattdessen setzte Coalesce auf SLA-3D-Druck für den Desktop und konnte so den gesamten Prozess der Prototypenentwicklung betriebsintern durchführen. Die Prototypen eigneten sich für klinische Studien und sahen aus wie das fertige Produkt. Bei der Vorführung des Geräts hielt sogar die Kundschaft den Prototypen für das Endprodukt.

Insgesamt verkürzte die betriebsinterne Fertigung die Durchlaufzeit der Prototypen um sagenhafte 80 bis 90 %. Darüber hinaus wurden die Teile in nur acht Stunden gedruckt und konnten innerhalb weniger Tage fertiggestellt und lackiert werden. Bei einem externen Dienstleister hätte der Prozess ein oder zwei Wochen in Anspruch genommen.

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Mehr Erfolg beim 3D-Druck medizinischer Produkte

Dieser Bericht verdeutlicht, wie Formlabs Medical Unternehmen aus der Medizintechnik hilft, die digitale Fertigung im eigenen Haus zu etablieren. Lassen Sie sich von vier Unternehmen inspirieren, die derzeit mithilfe des 3D-Drucks bahnbrechende Medizinprodukte entwickeln.

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3. Erschwingliche Prothesen

Jedes Jahr verlieren Tausende Menschen eine ihrer Gliedmaßen, doch nur ein Bruchteil von ihnen hat Zugang zu einer Prothese, die deren Funktion wiederherstellt.

Einfache Prothesen gibt es nur in wenigen Größen, also müssen Betroffene mit dem zurechtkommen, was am besten passt. Maßgeschneiderte bionische Geräte, die die Bewegung und Funktion echter Extremitäten nachahmen und über die Muskeln im Extremitätsstumpf gesteuert werden, sind derart teuer, dass nur Patient*innen in Industrieländern mit bester Krankenversicherung sich diese leisten können. Diese Tatsache betrifft insbesondere Prothesen für Kinder. Da Kinder wachsen und sich in Abenteuer stürzen, wird ihre Prothese unausweichlich irgendwann zu klein oder benötigt teure Reparaturen.

Es mangelt an Fertigungsverfahren, die maßgeschneiderte Teile zu erschwinglichen Preisen herstellen. Allerdings können immer mehr Prothesenhersteller die Vorteile der oft angepriesenen Designfreiheit im 3D-Druck nutzen, um diese finanziellen Hürden in der Behandlung zu umgehen. 

Bei Initiativen wie e-NABLE kommen weltweit ganze Communitys für 3D-gedruckte Prothesen zusammen. Sie bilden eine unabhängige Bewegung auf dem Gebiet der Prothesenproduktion, indem Informationen und offene Designs kostenlos online geteilt werden. So erhalten Patient*innen eine individuell designte und auf sie angepasste Prothese zum Preis von gerade einmal 50 USD. 

Andere Erfinder wie Lyman Connor gehen noch einen Schritt weiter. Mit nur einer kleinen Anlage aus vier 3D-Druckern für den Desktop konnte Lyman seine erste produktionsreife Prothese fertigstellen und anpassen. Was ist sein Ziel? Er möchte eine individualisierbare und vollständig bionische Hand erstellen, die zu einem Bruchteil der üblichen Kosten verkauft werden kann – welche sich bei einer solch fortgeschrittenen Prothese meist über Zehntausende Dollar belaufen. 

Wieder andere, wie die Forscher vom MIT, haben in 3D-Druck das ideale Mittel entdeckt, um wesentlich bequemere Prothesenverankerungen herzustellen.

Dass sich die niedrigen Produktionskosten dieser Prothesen gepaart mit der Designfreiheit als Offenbarung erwiesen haben, muss man gar nicht erwähnen. 3D-gedruckte Prothesen lassen sich schon in nur zwei Wochen anfertigen und können dann zu wesentlich geringeren Kosten ausprobiert und gewartet werden, als das bei ihren handelsüblichen Pendants der Fall ist. 

Da die Kosten immer mehr sinken und sich die Materialeigenschaften weiter verbessern, wird die Rolle des 3D-Drucks in diesem Bereich des Gesundheitswesens in Zukunft unweigerlich zunehmend wichtiger.

4. Korrigierende Einlagen und Orthesen

Viele der finanziellen Hürden, die von Prothesen bekannt sind, findet man auch im Bereich der Orthesen und Einlegsohlen. Wie die meisten patientenspezifischen Medizinprodukte haben auch maßgeschneiderte Orthesen oft unerschwingliche Preise und ihre Anfertigung nimmt Wochen oder Monate in Anspruch. Mit 3D-Druck kann das der Vergangenheit angehören.

Dazu fällt uns zum Beispiel die Geschichte von Matej und seinem Sohn Nik ein. Durch Schwierigkeiten bei seiner Frühgeburt in 2011 leidet Nik unter Zerebralparese, einer Krankheit, von der weltweit fast 20 Millionen Menschen betroffen sind. Matej wurde inspiriert durch den unablässigen Willen seines Sohnes, sich nicht von seiner Krankheit einschränken zu lassen. Doch stand er bei der Orthese vor der Wahl eines Standardmodells, das für seinen Sohn unzureichend und unbequem gewesen wäre, oder einer teuren Maßanfertigung, die erst nach Wochen oder Monaten geliefert würde und aus der sein Sohn schnell herauswächst.

Er nahm die Sache selbst in die Hand und suchte nach einer neuen Lösung des Problems. Dank der Freiheiten digitaler Technologien wie 3D-Scans und 3D-Druck konnte Matej mit Niks Physiotherapeuten frei experimentieren und einen gänzlich neuen und innovativen Arbeitsprozess für Unterschenkelorthesen (AFOs) entwickeln.

Das Ergebnis war eine maßgefertigte, 3D-gedruckte Orthese, die Nik an den richtigen Stellen Stabilisierung, Tragekomfort und Korrektur bot. So konnte Nik endlich allein seine ersten Schritte tun. Diese individuelle Orthese entspricht den stark angepassten Charakteristika hochwertiger Orthetik – und das zu einem Bruchteil des Preises und ohne zusätzliche Nachkorrekturen.

Fachleute auf der ganzen Welt nutzen 3D-Druck im Gesundheitswesen, um bei patienten- und kundenspezifischen Einlagen und Orthesen neue Wege zu beschreiten oder auch bei anderen Hilfsmitteln zur Verbesserung der Physiotherapie. Früher gab es bei der Physiotherapie oft Probleme mit individualisierten Hilfsmitteln. Oft musste lange auf die Fertigstellung der Geräte gewartet werden, die außerdem unbequem und unangenehm waren. Der 3D-Druck ist dabei, diesen Status quo zu verändern. 3D-gedruckte Einlagen und Orthesen haben sich als besser passend bewiesen, erzielen bessere therapeutische Erfolge und erhöhen den Tragekomfort der Behandelten.

5. Bioprinting, Gewebezüchtung, 3D-gedruckte Organe und mehr

Die konventionelle Behandlung von Patient*innen mit schwerem Organversagen sieht neben der Transplantation von Spenderorganen Autotransplantate vor, bei denen körpereigenes Gewebe von einem Organ auf ein anderes übertragen wird. Forschende im Bereich des Bioprinting und der Gewebezüchtung hoffen, dies schon bald zu ändern und auf Abruf neues Gewebe, Blutgefäße oder Organe erschaffen zu können.

3D-Bioprinting beschreibt die Nutzung additiver Fertigungsverfahren, bei denen als „Biotinten“ bezeichnete Materialien aufgeschichtet werden, um neue gewebeähnliche Strukturen für die Medizin zu erschaffen. Gewebezüchtung oder „Tissue Engineering“ bezieht sich auf die Vielzahl aufkeimender Technologien, bei denen Ersatzgewebe und -organe im Labor gezüchtet werden, um damit Verletzungen und Krankheiten zu behandeln. Darunter fällt auch Bioprinting. 

Mithilfe von hochpräzisem 3D-Druck haben Forscher wie Dr. Sam Pashneh-Tala von der University of Sheffield neue Möglichkeiten der Gewebezüchtung erschlossen.

Um das Zellwachstum zur Bildung des benötigten Gewebes zu steuern, züchtet Dr. Pashneh-Tala die lebenden Zellen im Labor auf einem Zellträger, der die entsprechende Form, Größe und Geometrie vorgibt. Beispielsweise wird eine röhrenförmige Struktur benötigt, um Blutgefäße für Herz-Kreislauf-Erkrankte zu erstellen. Die Zellen vermehren sich, bedecken den Zellträger und nehmen dabei seine Form an. Der Zellträger zersetzt ich dann zunehmend und hinterlässt die Zellen in der Form des Zielgewebes. Dieses wird dann in einem Bioreaktor kultiviert – einer Kammer, die das wachsende Gewebe aufnimmt und die innere Umgebung des Körpers simuliert, um die mechanische und biologische Leistung des organischen Gewebes auszubilden.

Eine 3D-gedruckte Biorekatorkammer, in der die gewebegezüchtete Aorta-Miniatur wächst. Das Gewebe wird im Bioreaktor kultiviert, um die mechanische und biologische Leistung des organischen Gewebes auszubilden.

So kann die Wissenschaft in Zukunft patientenspezifisches Gefäßgewebe entwerfen, operative Optionen verbessern und eine einzigartige Testplattform für Vaskularmedizinprodukte bieten, um Herz-Kreislauf-Krankheiten zu behandeln – die momentan weltweite Todesursache Nummer eins. Das letztendliche Ziel sind transplantationsbereite Blutgefäße. Da die Gewebezüchtung entnommene Zellen der Betroffenen verwendet, besteht keine Gefahr, dass das Immunsystem das Transplantat abstößt – eine Komplikation, die heutzutage häufig bei Organtransplantationen auftritt. 

Medizinischer 3D-Druck stellt sich der Herausforderung synthetischer Blutgefäße und löst die Probleme der exakten Form, Größe und Geometrie der betroffenen Gefäße. Die Möglichkeit der Anpassung der gedruckten Lösung an die Patientenbedürfnisse hat sich als unschätzbar wertvoll erwiesen. 

In den Worten von Dr. Pashneh-Tala: „[Die Erstellung von Blutgefäßen mithilfe von 3D-Druck] öffnet die Tür für verbesserte Operationsoptionen und selbst für an die Patienten angepasste Blutgefäßdesigns. Ohne hochpräzisen, preiswerten 3D-Druck wäre die Erstellung dieser Strukturen nicht möglich.“

Wir haben einige aufregende Durchbrüche bei biologischen Materialien erlebt, die für 3D-Drucker geeignet sind. Derzeit wird an der Entwicklung neuer Hydrogelmaterialien mit derselben Konsistenz wie bei organischem Gewebe des menschlichen Gehirns und der Lungen geforscht, die mit verschiedenen 3D-Druckprozessen kompatibel sind. Die medizinische Forschung erhofft sich, dass dies an Organe implantiert werden kann, um den Zellen als „Gerüst“ zur Anregung des Wachstums zu dienen.

Der Biodruck voll funktionsfähiger innerer Organe wie Herz, Niere und Leber klingt noch wie Zukunftsmusik. Jedoch machen hybride 3D-Drucktechniken sehr schnelle Fortschritte. 

Früher oder später, so erwartet man, weist der Bau biologischer Materie mit Labordruckern den Weg zu neuen und vollständig funktionalen 3D-gedruckten Organen. Im April 2019 schuf ein Forschungsteam an der Universität von Tel Aviv das erste 3D-Herz mittels biologischer Materialien des Patienten. Die winzige Nachbildung wurde mit den biologischen Materialien des Patienten erschaffen und erzeugte so eine vollständige Übereinstimmung mit dessen immunologischem, zellulärem, biochemischem und anatomischem Profil.

„Derzeit ist unser 3D-Herz klein, nur so groß wie bei einem Hasen. Doch für größere menschliche Herzen bedarf es derselben Technologie“, so Professor Tal Dvir.

Das erste 3D-biogedruckte Herz der Universität von Tel Aviv.

3D-Drucker für das Gesundheitswesen

Für den medizinischen 3D-Druck sind nicht alle Methoden gleichwertig. Es ist wichtig, für den jeweiligen Anwendungsfall die richtige Drucktechnologie zu wählen. 

Zu den beliebtesten 3D-Drucktechnologien für Medizinprodukte aus Kunststoff zählen u. a. Stereolithografie (SLA), selektives Lasersintern (SLS) und Schmelzschichtung (FDM). Für Metallteile eignen sich Direct Metal Laser Sintering (DMLS) sowie selektives Laserschmelzen (SLM).

Stereolithografie (SLA)

SLA-3D-Drucker verwenden einen Laser, um flüssige Kunstharze (auch Resin genannt) zu festen Kunststoffteilen auszuhärten. Dieser Prozess wird als Photopolymerisation bezeichnet. SLA ist bei medizinischen Fachkräften besonders beliebt, da die Technologie eine hohe Auflösung, Präzision und eine große Materialauswahl bietet.

  • Vorteile von SLA

    SLA-Teile bieten die höchste Auflösung und Präzision, die filigransten Details und die glattesten Oberflächen aller 3D-Drucktechnologien für Kunststoffe. Allerdings liegt der Hauptvorteil von SLA in der Vielseitigkeit. SLA-Kunstharzformulierungen gibt es mit unterschiedlichen optischen, mechanischen und thermischen Eigenschaften, die denen von Standard-, technischen und industriellen Thermoplasten in nichts nachstehen.

    So eignet sich SLA hervorragend für detailreiche Anatomiemodelle, Prototypen von Medizinprodukten mit engen Toleranzen und glatten Oberflächen sowie für Gussformen, Werkzeuge, Muster und funktionsfähige Endverbrauchsteile. SLA glänzt auch mit der größten Auswahl an biokompatiblen Materialien für zahnmedizinische und medizinische Anwendungen. Mit Draft Resin sind die SLA-Drucker von Formlabs zudem die schnellste Option zum 3D-Druck großer Prototypen – bis zu zehnmal schneller als FDM.

  • Nachteile von SLA

    Die Vielseitigkeit von SLA bedingt etwas höhere Kosten als FDM, die Technologie ist aber immer noch günstiger als alle anderen 3D-Druckprozesse. SLA-Teile aus Kunstharz müssen nach dem Druck nachbearbeitet, das heißt gewaschen und nachgehärtet werden.

sla 3d printed medical parts

Für den SLA-3D-Druck existiert eine große Auswahl an 3D-Druckmaterialien, auch biokompatible Materialien für eine Vielzahl medizinischer und zahnmedizinischer Anwendungen.

Form 3L Sample Part
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medical device 3D printing
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3D-gedruckte medizinische Geräte für die Präzisionschirurgie: Klinische, wirtschaftliche und regulatorische Gesichtspunkte

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Selektives Lasersintern (SLS)

SLS-3D-Drucker verwenden einen Hochleistungslaser, um kleine Polymerpulverpartikel zu sintern. Da das ungesinterte Pulver das Teil beim Drucken stützt, sind keine zusätzlichen Stützstrukturen erforderlich. SLS ist daher eine besonders effektive Option für komplexe mechanische Teile.

Weil diese Technologie Teile mit herausragenden mechanischen Eigenschaften produziert, ist SLS das am weitesten verbreitete additive Fertigungsverfahren bei Industrieanwendungen. Je nach Material können auch SLS-Teile aus Nylon biokompatibel und sterilisierbar sein.

  • Vorteile von SLS

    Bei dieser Technologie sind keine dedizierten Stützstrukturen erforderlich. SLS eignet sich somit ideal für    komplexe Geometrien, auch im Inneren von Teilen, für Hinterschneidungen, dünne Wände und Vertiefungen. SLS-Teile besitzen hervorragende mechanische Eigenschaften, deren Festigkeit mit Spritzgussteilen vergleichbar ist.

    Das am häufigsten für SLS eingesetzte Material ist Nylon, ein beliebter technischer Thermoplast mit exzellenten mechanischen Eigenschaften. Nylon ist leicht, stark sowie flexibel widersteht Stößen, Chemikalien, Hitze, UV-Licht, Wasser und Schmutz. 3D-gedruckte Nylonteile können ebenfalls biokompatibel und nicht-sensibilisierend sein und lassen sich daher in vielen Situationen sicher tragen und verwenden.

    Hersteller von Medizinprodukten bevorzugen SLS oft zur Herstellung funktionsfähiger Prototypen aufgrund der geringen Kosten pro Teil, hoher Produktivität, bewährter Materialien und aufgrund der Biokompatibilität. Selektives Lasersintern ist zudem eine kosteneffiziente Alternative zum Spritzguss bei der Kleinserienfertigung und beim Bridge Manufacturing.

  • Nachteile von SLS

    Der Einstiegspreis für SLS-3D-Drucker ist höher als bei FDM oder SLA. Auch wenn Nylon ein hervorragendes Allzweckmaterial ist, ist die Materialauswahl bei SLS geringer als bei FDM und SLA. Die Teile kommen mit einer etwas rauen Oberflächenbeschaffenheit aus dem Drucker und müssen gestrahlt werden, um eine glatte Oberfläche zu erreichen.

Der SLS-3D-Druck eignet sich ideal für stabile, funktionsfähige Prototypen und Endverbrauchsteile wie Prothesen und Orthesen.

Fuse 1 Sample Part
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Schmelzschichtung (FDM)

Bei der Schmelzschichtung (FDM von Englisch Fused Deposition Modelling), auch bekannt als Fused Filament Fabrication (FFF), werden Teile durch Schmelzen und Extrudieren eines drahtförmigen thermoplastischen Kunststoffs (des sogenannten Filaments) aufgebaut, der anschließend von einer Druckdüse schichtweise im Konstruktionsbereich aufgetragen wird.

FDM ist die bei Privatpersonen am häufigsten verbreitete Form des 3D-Drucks, da viele Hobbybastler damit den Einstieg in den 3D-Druck wagen. Industrielle FDM-Drucker sind aber auch bei Fachleuten beliebt.

  • Vorteile von FDM

    FDM funktioniert mit verschiedenen Standardthermoplasten wie ABS, PLA und deren Mischungen. Das ermöglicht niedrige Einstiegs- und Materialpreise. FDM eignet sich vor allem für Machbarkeitsstudien und kostengünstige Prototypen einfacher Teile. Manche FDM-Materialien sind auch biokompatibel.

  • Nachteile von FDM

    Schmelzschichtung hat die niedrigste Auflösung und Präzision der 3D-Druckprozesse für Kunststoffe (verglichen mit z. B. SLA oder SLS) und eignet sich deshalb nur bedingt für den Druck komplexer Designs oder filigraner Details, die etwa für Anatomiemodelle erforderlich wären. Hochwertigere Oberflächen erfordern arbeits- und zeitintensive chemische und mechanische Polierverfahren. Einige industrielle FDM-3D-Drucker verringern dieses Problem teilweise durch chemisch auflösbare Stützstrukturen. Außerdem bieten sie eine breitere Auswahl an technischen Thermoplasten. Jedoch kosten solche Geräte eine Stange Geld. Bei größeren Teilen ist FDM zudem meist langsamer als SLA oder SLS.

Direct Metal Laser Sintering (DMLS) und selektives Laserschmelzen (SLM)

DMLS und SLM funktionieren ähnlich wie SLS, doch statt Polymerpulver werden Metallpulverpartikel Schicht für Schicht durch einen Laser verschmolzen. 

DMLS- und SLM-3D-Drucker erstellen stabile, präzise und komplexe Metallprodukte, deshalb eignet sich dieses Verfahren ideal für eine Reihe medizinischer Anwendungen.

  • Vorteile von DMLS und SLM

    Der größte Vorteil dieser Prozesse sind natürlich die Materialien, da DMLS- und SLM-3D-Drucker in der Lage sind, Hochleistungsmedizinprodukte für den Endgebrauch und Komponenten mit hochwertigen Eigenschaften aus Metall herzustellen. Diese Prozesse können komplexe Geometrien reproduzieren. Die fertigen Produkte sind stabil, langlebig und biokompatibel. Sie können in der Medizin zur Herstellung generischer Implantate (für Hüfte, Knie, Wirbelsäule usw.), maßgefertigte Implantate für die Krebs- oder Traumabehandlung, Zahnersatz sowie für medizinische und orthopädische Technologieprodukte verwendet werden.

  • Nachteile von DMLS und SLM

    Auch wenn die Preise für Metall-3D-Drucker langsam sinken, sind diese Systeme mit 200 000 bis über 1 Mio. USD für die meisten Unternehmen noch immer unerschwinglich. Zudem erfordern Metall-3D-Druckprozesse aufwendige und komplexe Arbeitsabläufe.

    Als Alternative bietet sich SLA-Druck an in Verbindung mit Gussverfahren. So fertigen Sie Metallteile zu niedrigen Kosten, mit mehr Gestaltungsfreiheit und in kürzerer Zeit als bei herkömmlichen Verfahren.

3D-Drucker für das Gesundheitswesen im Vergleich

Die folgende Tabelle zeigt die 3D-Drucktechnologien, die sich am besten für die verschiedenen medizinischen Anwendungen eignen.

Stereolithografie (SLA)Selektives Lasersintern (SLS)Schmelzschichtung (FDM)Metall-3D-Druck (DMLS, SLM)
FertigungsvolumenBis zu 300 × 335 × 200 mm (Desktop- und Benchtop-3D-Drucker)Bis zu 165 × 165 × 300 mm (industrielle Benchtop-3D-Drucker)Bis zu 300 × 300 × 600 mm (Desktop- und Benchtop-3D-Drucker)Bis zu 400 × 400 × 400 mm (große industrielle DMLS-/SLM-Drucker)
PreisspanneAb 3750 USDAb 18 500 USDAb 2500 USDAb 200 000 USD
MaterialienVerschiedene Kunstharze (Duroplaste) Standard, technisch (ABS-, PP-, silikonähnlich, flexibel, hitzebeständig, hart), gießbar, biokompatibel (Medizin und Zahnmedizin)Technische Thermoplaste, meist Nylon und seine Verbundwerkstoffe (Nylon ist biokompatibel und für die Sterilisation geeignet)Standardthermoplaste wie ABS, PLA und deren MischungenEdelstahl, Werkzeugstahl, Titan, Cobalt-Chrom-Legierung, Aluminium
Ideale AnwendungenAnatomiemodelle, detailreiche Prototypen mit engen Toleranzen und glatten Oberflächen sowie Gussformen, Werkzeuge, Muster, funktionsfähige Teile und (zahn)medizinische EndverbrauchsteileKomplexe Geometrien, funktionsfähige Prototypen, Kleinserienfertigung oder Bridge Manufacturing für Medizinprodukte wie etwa Orthesen und ProthesenGrundlegende Proof-of-Concept-Modelle, kostengünstige Prototypenfertigung einfacher TeileStabile haltbare Teile mit komplexen Geometrien, Implantate, Zahnersatz, medizinische und orthopädische Komponenten aus Metall

Tauchen Sie in die Welt des medizinischen 3D-Drucks ein

Präzise und erschwingliche 3D-Druckprozesse gewähren einer immer breiteren Masse Zugang zu dieser Technologie. So entdecken medizinische Fachkräfte neue klinische Lösungen und produzieren schnell maßgefertigte Geräte. Gleichermaßen finden Ärzteteams auf der ganzen Welt neue Behandlungswege.Die 3D-Drucktechnologien und -materialien werden immer besser und so ebnen sie den Weg zu individualisierter Patientenbehandlung und wegweisenden medizinischen Anwendungen.

Jeder medizinischen Einrichtung sollten die neusten Hilfsmittel zur Verfügung stehen, um die Versorgung zu verbessern und höchsten Patientenkomfort zu gewährleisten. Steigen Sie jetzt ein oder erweitern Sie Ihre betriebsinterne Fertigung mit Formlabs, einem bewährten und innovativen Partner für den medizinischen 3D-Druck.

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